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Vernachlässigung in Deutschland

Vernachlässigte Kinder leiden

Die Sommerjacke im Winter, mangelnde Hygiene, das fehlendes Pausenbrot – es sind oft kleine Dinge, die zeigen, dass ein Kind vernachlässigt wird. Die Folgen prägen Kinder dennoch ein Leben lang.

Lage in Deutschland

Kindeswohlgefährdung und Inobhutnahme

Kinder und Jugendliche waren 2022 in ihrem Wohl gefährdet.*

der gefährdeten Kinder und Jugendlichen wiesen Zeichen einer Vernachlässigung auf.*

also etwa jedes zweite gefährdete Kind war jünger als acht Jahre.*

Inobhutnahmen gab es 2022. Alle 13  Minuten ein Kind in Deutschland zu seinem Schutz aus der Ursprungsfamilie genommen werden. **

der Kinder wurden aufgrund von Vernachlässigung aus ihrer Familie genommen.**

der Kinder wurde aufgrund körperlicher Misshandlung aus der Familie genommen.**

Fragen und Antworten zum Thema Vernachlässigung

Kindesvernachlässigung bedeutet, dass Eltern oder andere Sorgeverantwortliche ihren notwendigen fürsorglichen Handlungen und Pflichten ständig oder wiederholt kaum oder gar nicht mehr nachkommen. Dadurch ist das körperliche, geistige und emotionale Wohl des Kindes gefährdet.
Notwendige fürsorgliche Pflichten sind zum Beispiel die Grundbedürfnisse eines Menschen. Im psychischen Bereich sind dies u.a. „wachsen können“ und „Zugehörigkeit erleben“. 
Zum einen gibt es die körperliche Vernachlässigung. Hier ist das körperliche Wohl des Kindes gefährdet. 
Eine weitere Form der Kindesvernachlässigung ist die emotionale Vernachlässigung. Hier ist das seelische und geistige (emotionale) Wohl des Kindes gefährdet. Die emotionale Vernachlässigung kann in weitere Arten eingeteilt werden: 
  • die sozial-emotionale Vernachlässigung: belastende Bindung, Miterleben von häuslicher Gewalt, Instrumentalisierung im Elternkonflikt, Parentifizierung,
  • die kognitive Vernachlässigung und
  • die mangelnde Aufsicht und Steuerung.
Für den Kinderschutz relevant sind zusätzlich noch der Schutz vor sexualisierter/sexueller Gewalt und der Schutz vor der Gefährdung des Vermögens.
Möglich sind gesundheitliche, soziale und kognitive Beeinträchtigungen. Es kann zu Schlafstörungen, einem Anstieg von Auffälligkeiten im Verhalten bis hin zu psychischen Erkrankungen kommen. Kinder sind in ihrer Entwicklung gestört, können ihr Potential nicht ausschöpfen, verlieren den Glauben an sich selbst oder können diesen erst gar nicht aufbauen. Manche dieser Kinder können als Erwachsene ihr Leben nur mit Unterstützung bewältigen oder leiden unter Beziehungsstörungen.
Wichtig ist der Unterschied zwischen einem „ungünstigen Erziehungsstil“ und einer „tatsächlichen Gefährdung“. Wenn ich als Mutter in der Früh verschlafe und mein Kind deswegen zu spät in die Schule kommt oder wenn ich eine Vorsorgeuntersuchung beim Kinderarzt nicht rechtzeitig vereinbare, dann sind das ungünstige Vorkommnisse, allerdings noch lange keine Vernachlässigung.
Wichtig zu beachten ist, ob es feststellbare Folgen durch Nachlassen in der Versorgung und Erziehung für das Kind gibt oder ob diese mit ziemlicher Sicherheit zu erwarten sind.
Ebenso ist die Haltung der Eltern dazu wichtig, sehen diese, dass ihr Kind einen anderen Bedarf hätte, was ist der Grund für ihr Nachlassen?
Kindesvernachlässigung ist nicht immer auf den ersten Blick erkennbar und kann verschieden sein. Es gibt Kinder, denen ist sehr warm und sie benötigen trotz kälterem Wetter nicht sofort sehr warme Kleidung. Manche Kinder sind stiller als andere oder lebhafter. Deswegen ist es wichtig genau hinzuschauen und individuell einzuschätzen, ob es sich wirklich um Vernachlässigung handelt.
Mögliche Anzeichen für Vernachlässigung bei kleineren Kindern könnten sein:
  1. Kinder, deren Kleidung dauerhaft nicht zur Witterung passt: Körperliche Vernachlässigung kann sich an unpassender Kleidung zeigen: die zu dünne Jacke im Winter, die zu kleinen oder abgelaufenen Schuhe oder der zu kurze Pullover. 
  2. Kinder, die dauerhaft ungepflegt erscheinen: Ungekämmte Haare, dreckige Kleidung, ein unangenehmer Geruch – in schlimmeren Fällen wirken vernachlässigte Kinder ungepflegt. Eltern schaffen es dann nicht mehr auf ausreichende körperliche und meist auch medizinische Versorgung zu achten. 
  3. Kinder, deren Brotdose sehr oft leer ist: Neben dem fehlenden Frühstück ist auch unpassende Nahrung auffällig (beispielsweise Karotten für ein Kita-Kind, das noch nicht genügend Zähne zum Kauen hat). Auffälligkeiten beim Essen sind auch ein Alarmsignal. Ist ein Kind ständig „ausgehungert“ oder kann auf Nachfrage mehrfach nicht beantworten, was es als letzte Mahlzeiten gegessen hat, sollte man aufmerksam hinschauen.  
  4. Kinder, die ihr Verhalten ändern: Wenn ein lebhaftes Kind plötzlich über einen längeren Zeitraum sehr ruhig wird oder ein Kind immer häufiger Streit sucht oder aggressiv reagiert, sind das klare Signale an die Außenwelt genauer hinzuschauen. Veränderungen im Verhalten von Kindern haben meistens einen Grund – oftmals findet sich dieser in den familiären Dynamiken.
Zu beachten ist, dass dies alles keine einmaligen Vorfälle sind, sondern dies mehrfach stattfindet und beobachtbare destruktive Auswirkungen auf das Kind hat.
Das ist nicht so einfach zu beantworten. Wichtig ist es aber vor allem, nicht wegzuschauen oder zu vergessen. Wichtig ist aber auch, sich bewusst zu machen, dass man nur einen kleinen Ausschnitt des Lebens eines Kindes mitbekommt und auch die eigene subjektive Wahrnehmung hineinspielt.
Möglich ist es zum Beispiel sich von Fachkräften beraten zu lassen. SOS-Kinderdorf hat beispielweise auch Familienstützpunkte und Beratungsstellen, bei denen Personen Beobachtungen zu beispielsweise Misshandlungen oder Kindesvernachlässigung – auch anonym – schildern und gemeinsam überlegen kann, was ein hilfreiches Vorgehen sein könnte. 
Wenn Kontakt zu den Eltern des Kindes besteht, kann man seine Sorgen auch direkt vorsichtig ansprechen und versuchen eine etwaige Belastung der Eltern zu verstehen. Man kann aber natürlich seine Beobachtungen Freunden schildern und nach deren Meinung fragen.
Zuletzt kann man sich auch an das örtliche Jugendamt oder die Polizei wenden, wenn keine anderen Möglichkeiten offenstehen.
Kinder haben das Recht auf Beratung (§8SGB VIII). Hier gibt es verschiedene Anlaufstellen:
  • Schulsozialarbeiter in Schulen
  • Bezugspersonen in Jugendzentren
  • Erziehungsberatungsstellen, in denen auch Kinder und Jugendliche Beratung erhalten können
  • das Jugendamt um Unterstützung bitten
  • eine Person aus dem familiären System, wie Tante, Oma, etc.

Vernachlässigung von Kindern: Fallbeispiel Sophie

So hilft SOS-Kinderdorf

SOS-Kinderdorf hilft akut, wenn Kinder vernachlässigt werden, aber auch präventiv, damit es gar nicht erst zur Vernachlässigung kommt:
  • Vernachlässigte Kinder, die ins SOS-Kinderdorf kommen, benötigen viel Zeit und Fürsorge, um sich dauerhaft von den traumatischen Erlebnissen zu erholen. Um unbürokratisch und schnell helfen zu können, sind wir auf Spendengelder angewiesen. Damit können wir Kinder individuell durch Spiel-, Psychotherapie oder tiergestützter Pädagogik unterstützen.
  • Damit Kinder aufgrund von Vernachlässigung oder Kindesmisshandlung erst gar nicht aus der Familie genommen werden müssen, hilft SOS-Kinderdorf vorbeugend. Mit offenen und ambulanten Angeboten werden Eltern bei Fragen zur Erziehung beraten, um Überforderungssituationen zu minimieren und das Verhältnis zwischen Eltern und Kind stärken.

Fallbeispiel Vanessa: Emotionale Vernachlässigung in der Kindheit

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