Mit zwölf Jahren wurde Zala verheiratet. Sie muss nicht nur gegen die körperlichen Folgen der Gewalt in ihrer Ehe, sondern auch noch gegen das Stigma ankämpfen, dem sie ausgesetzt ist. Welche Hilfe SOS-Kinderdorf ihr bietet und wie sie wieder zurück ins Leben findet.
Zalas* Blick ist auf das Blatt vor ihr gerichtet. Mit konzentriertem Gesicht sitzt sie am Schreibtisch und rechnet Zahlen zusammen. Die Bücher neben ihr auf dem Tisch sind aufgeschlagen, ab und an blättert sie darin. Die Sechzehnjährige ist fleißig und lernt viel, denn sie hat große Pläne für ihre Zukunft: „Ich möchte meinen Schulabschluss machen und dann Ärztin werden, um anderen Menschen zu helfen.“
Der Weg aus der Zwangsehe
Vor ein paar Jahren wagte Zala noch nicht einmal von einem Schulabschluss zu träumen. Mit zwölf wurde sie gezwungen, die Schule abzubrechen. Ihre Tante brachte sie von ihrer Heimatregion Oromia in die Region Somali. Was sie vor der Reise nicht wusste: ihr zukünftiger Ehemann wartete dort auf sie.
Heute erzählt sie:
„Mit zwölf Jahren versteht man nicht, was Liebe und Ehe bedeuten. Als mein zukünftiger Ehemann auf mich zukam und sagte, dass er mich liebt und mich heiraten will, fühlte ich mich sehr unsicher. Ich wollte ihn nicht heiraten. Aber mein Vater hat alles organisiert und ich hatte keine andere Möglichkeit.“
Zala blieb nur vier Monate lang bei ihrem Mann und seiner Familie. Während der gesamten Ehe erlitt sie Gewalt. Nach einiger Zeit kam ihre Mutter zu Besuch und sah den Zustand ihrer Tochter. Sie nahm Zala mit nach Hause. Zurück bei ihrer Familie, stellte Zala fest, dass sie schwanger war. Jedoch erlitt sie später in der Schwangerschaft eine Fehlgeburt.
Zwangsheirat: Ein landesweites Problem
Äthiopien hat eine der höchsten Raten von Kinder- und Zwangsheirat. Vier von zehn Mädchen werden verheiratet, bevor sie volljährig sind. Eine Zeit lang waren geschlechtsspezifische Gewalt wie weibliche Genitalverstümmelung und Kinderheirat rückläufig. Durch humanitäre Krisen wie militärische Konflikte, langanhaltende Dürren und die damit verbundenen Vertreibungen, hat die Gewalt in den letzten Jahren wieder zugenommen.
Abgesehen von den negativen Auswirkungen auf die physische und psychische Gesundheit, die eine Zwangsheirat mit sich bringt, sind Mädchen wie Zala, sobald sie zu ihrer Familie zurückkehren können, mit vielen Stigmata konfrontiert. Die Gemeinden in Äthiopien lehnen geschiedene Mädchen oft ab, so dass sie weder zur Schule zurückkehren noch ein richtiges soziales Leben in ihrem eigenen Dorf führen können.