„Kinder im Blick“ leitet Elternteile an Kindern Trennungen so weit wie möglich zu erleichtern. Psychologin Claudia Reinold und Diplom-Sozialpädagoge Joachim Feistle von der SOS-Beratungsstelle Landsberg am Lech im Gespräch.
An wen richtet sich das Angebot „Kinder im Blick“?
Feistle: Der Kurs richtet sich an Väter und Mütter, die ihre Kinder trotz Trennung vom anderen Elternteil und Konflikten gut unterstützen wollen. Uns geht es darum, den Eltern beizubringen, Elternkonflikte nicht auf dem Rücken der Kinder auszufechten. Die zentrale Frage ist: „Wie kann ich die Kommunikation zum anderen Elternteil so gestalten, dass sie für das Kind gut ist?“
Reinold: Ziel ist es, die Beziehung zwischen Eltern und Kind zu stärken. „Kinder im Blick“ ist keine Selbsterfahrungs- oder Therapiegruppe nach dem Motto „Wie komme ich alleine damit klar?“, sondern möchte eine Veränderung zum Positiven hin für das Kind erzielen. In einem Vorgespräch wird geklärt, ob es sinnvoll ist, den Kurs zu absolvieren. Wenn beispielsweise noch ein gerichtliches Verfahren über die Klärung des Umgangsrechts läuft, hilft ein anderes Angebot wahrscheinlich besser weiter.
Was sind die klassischen Konflikte und Fehler der Eltern?
Reinold: Streitfragen, in denen das Wohl der Kinder aus dem Blick zu geraten droht, gibt es zahlreiche: Eltern können sich nicht auf Betreuungszeiten einigen. Oder Kinder werden als Postboten benutzt, weil Vater und Mutter die direkte Kommunikation eingestellt haben. Ganz häufig wird schlecht über den Expartner geredet und ihm die Schuld an der Situation zugewiesen. Das kann dazu führen, dass die Gefühle des Kindes verletzt werden und es im schlimmsten Fall emotionale oder soziale Defizite entwickelt. Sich selbst und den Kindern zuliebe einen konstruktiveren Umgang mit Konflikten anzueignen ist deshalb so wichtig.
Was unterscheidet das Angebot von einer üblichen Trennungsberatung?
Feistle: Bei der Trennungsberatung geht es meistens eher um Fragen zum Umgangsrecht oder finanzielle Dinge. Bei uns im Kurs liegt der Fokus darauf, ganz bestimmte Verhaltenstechniken einzuüben, um die eigenen Gefühle besser regulieren zu können. Gerade der Austausch in der Gruppe mit Menschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben und sich in einer ähnlichen Lebenssituation befinden, ist für das Einüben neuer Kompetenzen und die Praxisumsetzung hilfreich. In Rollenspielen versuchen wir, Fragen wie „Was ist für meine Kinder in der gegenwärtigen Situation wichtig?“, „Wie können wir als Eltern besser miteinander umgehen? „Und wie kann ich dabei auch noch für mich selbst sorgen?“, zu klären.
Welche Folgen hat eine streitbelastete Trennung für die Kinder?
Feistle: Die Entwicklung der Kinder wird beeinträchtig, sei es im emotionalen oder sozialen Bereich. Viele Kinder suchen die Schuld an der Trennung ihrer Eltern bei sich und versuchen, die Eltern wieder zusammen zu bringen. Wenn Kinder zusätzlich selber Probleme beispielsweise in der Schule haben oder gemobbt werden, scheuen sie sich oft, das Daheim zu besprechen und sich anzuvertrauen. In solchen Situationen denken Kinder, ihre Probleme seien nicht so wichtig, weil Mama und Papa selbst welche haben. Wenn das Vertrauensverhältnis wieder gestärkt wird, öffnen sich die Kinder wieder. Es kann damit vielen Schwierigkeiten vorgebeugt werden.