Cornelia Horn und ihr Mann Peter gehen nach 14 Jahren in den verdienten Vorruhestand
© SOS-Kinderdorf e.V.
Die beliebte Kinderdorfmutter Cornelia Horn verlässt das SOS-Kinderdorf und geht in den Vorruhestand
Eine treue Wegbegleiterin wollte sie ihren anvertrauten Schützlingen stets sein. Und das ist ihr auch gelungen. Die SOS-Kinderdorfmutter Cornelia Horn verlässt nach 14 Jahren das SOS-Kinderdorf in Dießen, um in den Vorruhestand zu treten. Stolz kann sie sein, auf das was sie in den Jahren geschaffen hat. Fünf Mädchen und fünf Jungs hat sie insgesamt betreut, die meisten von ihnen über viele Jahre hinweg. „Ich habe hier keinen gehen lassen, ohne Ausbildungsvertrag, Schulbildung oder sonstige Perspektive“, erklärt Horn. Die Mama wollte sie den Kindern jedoch nicht ersetzen. „Jedes Kind hat nur eine Mutter und die Kinder sollen ja, soweit möglich, Kontakt zu ihren Familien pflegen.“
Krankenhaus, Kita, Kinderdorf
Die aus Sachsen-Anhalt stammende staatlich anerkannte Kinderkrankenschwester und Erzieherin arbeitete zunächst im Krankenhaus, dann in einer Kita, in der sie später auch die Leitung übernahm. Nach der Wende und der drohenden Entlassungswelle suchte Cornelia Horn nach einer neuen beruflichen Herausforderung. Eine bessere soziale Absicherung war ihr auch wichtig, weil ihr Mann Peter, damals schwer erkrankt, seinen Beruf nicht mehr ausüben konnte. „Zu der Zeit waren meine eigenen Kinder schon flügge.“ So entschied sie sich berufsbegleitend und auf dem zweiten Bildungsweg die Schulbank noch einmal zu drücken, um staatlich anerkannte Erzieherin zu werden. Im Jahr 2000 nahm Horn im Caritas Kinder- und Jugenddorf in Leipzig eine Stelle als Erzieherin an. Dort lernte sie auch eine junge Kollegin kennen: ihre zukünftige Mitarbeiterin und Schwiegertochter, doch davon ahnte zu diesem Zeitpunkt noch niemand etwas. Änderungen im Leitungsgefüge veranlassten Cornelia Horn, sich alsbald nach etwas anderem umzuschauen. „Kurz vor Ostern 2004 fand meine Tochter im Internet die Anzeige, dass das SOS-Kinderdorf in Dießen eine Kinderdorfmutter sucht“, erzählt Horn. Kurze Zeit später, im Mai desselben Jahres, trat sie ihre Arbeitsstelle in Dießen an, zunächst jedoch in einer schon bestehenden Familie als Unterstützung für die dortige SOS-Kinderdorfmutter. Nach einem knappen Jahr bekam sie dann ihr eigenes Reich und ihre eigenen Schützlinge zugeteilt. Zunächst ein fünfjähriges Mädchen, dann eine Sechsjährige und einen zehnjährigen Jungen.
Ihr Mann war immer mit von der Partie
Später kamen weitere Kinder hinzu. Bis zu sieben Kinder habe sie zeitweilig betreut. Zweimal zog sie dann noch innerhalb des Dorfes um, bis sie 2006 in die ehemalige Kinderkrippe, die teilweise auch nach ihren Wünschen an- und ausgebaut wurde, einzog. Ihr Mann war immer mit von der Partie und übernahm bald seinerseits Aufgaben im Haus und im Dorf. „Ich hätte es nicht geschafft, wenn mein Mann nicht hinter mir gestanden hätte“, so Horn.
Auch weitere Hilfe stand der Kinderdorfmutter zur Verfügung: eine Haushaltshilfe und zwei pädagogische Fachkräfte, die sie auch an ihren freien Tagen vertreten. „Damals habe ich mir meine junge Kollegin aus Leipzig hergeholt“, so Horn. Und diese wurde dann eines Tages ihre Schwiegertochter, Beate Horn. Sie wohnt mit dem Sohn der Familie Horn und den zwei Töchtern in der Nähe und arbeitet heute in der Kita des SOS-Kinderdorfes.
Kein Beruf, sondern Berufung
Der Job als SOS-Kinderdorfmutter ist mehr als ein Beruf, es ist eine Berufung, eine Herausforderung mit großer Verantwortung für kleine Menschenleben. „Es gibt einem aber auch ganz viel“, gesteht Cornelia Horn, die diesen Beruf vermutlich wieder wählen würde. „Man darf von den Kindern zunächst nicht zu viel erwarten, denn sie kommen aus nicht intakten Familien.“ Horns ‚Rezept‘ war, das Vertrauen der Kinder durch absolute Verlässlichkeit, Präsenz und Rituale zu gewinnen. „Die Conny ist für uns da“, darauf konnten sich die Kinder jederzeit verlassen, auch wenn die Horns alle paar Wochen ihre freien Tage dazu nutzen, um zu ihrem Haus in ihre Heimat Sachsen-Anhalt zu fahren.
Wichtig war der SOS-Kinderdorfmutter in erster Linie, dass ihre Schützlinge morgens vor der Schule ein gutes Frühstück, ein Schulbrot und mittags ein vernünftiges Essen bekamen, einen guten Haarschnitt und ordentliche Kleidung trugen. Eine Sanierung von innen nach außen nennt sie es. Die Kinder sollten sich nicht von anderen Kindern aus intakten Familien unterscheiden, der Rest komme dann nach und nach. „Ich bin in all den Jahren auf Hermann Gmeiners Pfaden gewandelt“, so Horn. Die Grundidee des Gründervaters der SOS-Kinderdörfer war, dass jedes Kind eine Mutter, eine Familie, ein Haus und ein Dorf braucht.
Damals entstand die Idee, Waisenkindern, oft Kriegswaisen, ein zu Hause zu geben. „Heute, nach rund 80 Jahren Friedenzeit, hat das SOS-Kinderdorf eine andere Bedeutung bekommen.“ Sozialwaisen nennt man die Kinder heute, die oft aus zerrütten Familien oder von überforderten, zu jungen Müttern stammen, vielleicht zunächst mit ihren Müttern in einem Frauenhaus wohnen, dann in andere Einrichtungen oder zu Bereitschaftspflegefamilien gehen, bevor sie ins SOS-Kinderdorf kommen.
Hier werden sie dann von den Müttern – und inzwischen auch dazugehörigen Vätern, denn es interessieren sich immer mehr Paare für ein Leben in und mit dem Kinderdorf – aufgefangen. „Von ihrem Herkunftssystem haben sie vielleicht wenig bekommen, aber im SOS-Kinderdorf wird ihnen jegliche Unterstützung gegeben“, räumt Horn mit dem Vorurteil vieler Leute auf, die Kinder aus der Jugendhilfe bedauern zu müssen. „Und wir haben dabei auch viel Spaß!“
Zeit für die Enkelkinder
Dann erzählt sie von Weihnachten mit allen Kindern, ihren anvertrauten und den eigenen, von Ostern, Kindergeburtstagen und -festen. Und von Urlauben. Dabei erinnert sich Cornelia Horn sehr gerne an eine Exkursion, wie sie sie nennt, nach Finnland. Dort besuchten neun Kinder und vier Erzieher im August 2013 ein SOS-Kinderdorf in der Nähe von Helsinki. Von dort aus ging es weiter in ein Feriencamp in der Nähe von Rovanimi, dem Weihnachtsmanndorf „mitten in der Pampa“, mit Rentieren auf der Straße und einem großen See. Eine Traumreise, die Cornelia Horn nie vergessen wird.
Doch jetzt geht ihre Reise nach Sachsen-Anhalt. „Dort haben wir ein schönes Haus mit Garten“, schwärmt Horn. Viel mehr Zeit hat sie zunächst nicht, denn die Enkelkinder kommen in den Ferien. Und außerdem muss sie ihren 60igsten Geburtstag im März vorbereiten. Und wenn ihr dann mal langweilig wird, möchte sie gerne Zeit haben für Handarbeiten, sich um ihre Gesundheit kümmern, mal schwimmen gehen – und vielleicht auch mal nichts tun.