Bundestagspräsidentin Bärbel Bas nimmt sich Zeit: Besuch beim SOS-Kinderdorf Niederrhein in Duisburg-Meiderich
Wenn Bärbel Bas mit einem freundlichen „Guten Morgen“ den Raum betritt und schwungvoll am Tisch Platz nimmt, dann macht sie das nicht etwa im großen Plenarsaal des Bundestages in Berlin – dessen Präsidentin und Mitglied sie ist – sondern als aufmerksame Gesprächspartnerin in ihrer Duisburger Heimat. Zu Gast beim SOS-Kinderdorf Niederrhein in Duisburg-Meiderich informiert sie sich bei Müttern aus Ghana, Nigeria und Kamerun, wie sie sich in Deutschland zurechtfinden. Sie spricht mit Eltern, die Pflegekinder bei sich zu Hause aufgenommen haben und als Erziehungsstelle von den pädagogischen Fachkräften des SOS-Kinderdorfs begleitet und unterstützt werden.
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas im Erfahrungsaustausch mit den Erziehungsstellen-Eltern.
© SOS-Kinderdorf Niederrhein / Foto: Katrin Wißen
Große und kleine Rädchen müssen ineinander greifen
Politprofi Bärbel Bas hört zu, fragt nach und überlegt, wie man helfen kann – zwei Stunden lang. Sie will verstehen, wo es knirscht im System. Häufig sind es viele große und kleine Rädchen, die im Behörden-Deutschland gut ineinandergreifen müssen, damit es funktioniert. Doch wenn nur ein Rädchen hakt, blockiert die gesamte Maschinerie.
„Eine Mutter aus Ghana hat es nach drei Jahren geschafft. Sie kann jetzt einen nahe gelegenen Integrationskurs in Teilzeit besuchen. Das ist wichtig, denn sie versorgt sechs Kinder“, erklärt Standortleiterin Judith Haesters. Eine andere Mutter aus Nigeria wird weiter warten müssen. Sie hat ein Kind mit Beeinträchtigung, das dank der zupackenden Hilfe vom SOS-Kinderdorf Niederrhein inzwischen die Frühförderstelle besucht. Da sie allerdings noch keinen Kita-Platz in einer inklusiven Einrichtung für ihr Kind gefunden hat, kann sie sich noch nicht zum Integrationskurs anmelden. „Wir müssen hier dringend das System nachbessern“, fordert SOS-Einrichtungsleiter Peter Schönrock und führt weiter aus: „Integrationskurse und Kinderbetreuung müssen Hand in Hand gehen.“ Aus seiner Sicht sollte gerade bei Brückenprojekten - das sind Angebote, in denen Kinder mit Fluchterfahrung stundenweise betreut werden, die noch keinen Platz in der Kindertagespflege oder Kindertagesstätte haben - das Fachkräftegebot gelockert werden. „Wir müssen und können hier flexiblere Lösungen schaffen, damit mehr Kinder an Brückenprojekten teilnehmen können“, so Schönrock weiter.
Vorbereitungen auf das Thema Energiesparen laufen
Das SOS-Kinderdorf Niederrhein bietet in seinen Räumlichkeiten an der Spessartstraße und der Augustastraße viele niedrigschwellige Angebote wie Sprechtreffs, Lesestunden, Hausaufgabenbetreuung, Hebammensprechstunden und gemeinschaftliche Aktivitäten an. Einen Großteil der Arbeit macht die Individualberatung aus. „Wir beraten – meistens Frauen – hinsichtlich der Anerkennung von Abschlüssen, Sprach- und Integrationskursen, Sozialleistungen, Schulden, Kinderbetreuung, Jobs und Qualifizierungen“, erklärt SOS-Mitarbeiterin Eva-Marie Bode. Standortleiterin Haesters ergänzt: „Wir bereiten uns schon jetzt auf Angebote zum Thema Energiesparen vor. Denn das wird sicherlich in den nächsten Wochen auf uns zukommen.“
Bas: „Sie leisten wichtige Arbeit“
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas lernt eine Erziehungsstellen-Familie kennen
© SOS-Kinderdorf Niederrhein / Foto: Katrin Wißen
Seit knapp zwei Jahren ist der SOS-Kinderdorfverein in Duisburg aktiv. Seitdem wird das Angebot „Erziehungsstellen“ auf- und ausgebaut. Für Kinder da sein, sie in ihrer Entwicklung begleiten, ihnen Zuwendung schenken – das macht eine Familie aus Duisburg, die beim Besuch der Bundestagspräsidentin von ihren Erfahrungen als Erziehungsstelle berichtet. Die beiden Mütter haben ein Kind im Krabbelalter bei sich zu Hause aufgenommen, neben einem weiteren Pflegekind. „Wir sind sehr froh, dass wir vom SOS-Kinderdorf Niederrhein betreut werden. Wir bekommen immer Hilfe, es wird schnell gehandelt“, so eine der Mütter.
SOS-Mitarbeiterin Friederike Basten unterstützt und berät diese und andere Familien. Wer Erziehungsstelle werden will, muss pädagogisch, medizinisch oder therapeutisch ausgebildet sein. „Das ist auch erforderlich bei den Päckchen, die die Kinder schon in jungen Jahren mit sich bringen“, erklärt Basten. Zu ihrer Aufgabe zählt es auch, die Familien fortzubilden. „Wir klären zum Beispiel über eine traumasensible Haltung auf oder thematisieren Kinderschutz und gewaltfreie Kommunikation.“
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas ist beeindruckt und sagt den Erziehungsstellen-Eltern zugewandt: „Sie leisten eine herausfordernde und ganz wichtige Arbeit.“
Ideen für weitere Angebote in Planung
Die Duisburgerin Bas erkundigt sich zum Schluss ihres Besuches nach den weiteren Plänen des SOS-Kinderdorfvereins. „Natürlich wollen wir noch mehr Menschen helfen. Und es gibt auch schon konkrete Ideen für weitere Angebote, zum Beispiel im Bereich der Quartiersentwicklung, hier in Duisburg“, erklärt Einrichtungsleiter Peter Schönrock. Bas verspricht: „Wenn es so weit ist, komme ich gerne wieder vorbei.“