N'komas Hoffnung: ein Platz im SOS-Kinderdorf
Ein kleiner Pfad schlängelt sich durch Kassawa- und Yamsfelder, es ist staubtrocken, die nächste Regenzeit wird erst in zwei Monaten erwartet. Vor einer kleinen Hütte mit Strohdach, rund 30 Fahrminuten von Natitingou in Benin entfernt, sitzt N’koma. Das sechsjährige Mädchen lebt hier mit ihren sieben Geschwistern in Armut.
N’komas Eltern starben vor einigen Jahren. Seitdem kümmert sich Gerome, der älteste Bruder der Familie, so gut er kann um seine Geschwister. Sein Einkommen als Mechaniker in einer kleinen Werkstatt reicht jedoch nicht aus, um die achtköpfige Familie zu ernähren. Seit dem Tod der Eltern unterstützt SOS-Kinderdorf die Kinder durch das Familienstärkungsprogramm (FSP). Die Familie erhält Schulbücher und -uniform und einen Zuschuss zu den Mietkosten. Seit einigen Monaten besucht Odilon Adagba die Familie. Der 28-Jährige ist Sozialarbeiter im SOS-Kinderdorf Natitingou und für die Aufnahme von Kindern im Kinderdorf verantwortlich. Er prüft, ob N’koma in das Kinderdorf aufgenommen werden kann. Bis eine solche Entscheidung getroffen wird, vergehen bis zu zwölf Monate. „Das ist nicht einfach“, erklärt er, „der Bedarf ist hier riesig. Viele Menschen leben in absoluter Armut, es gibt zahlreiche Waisenkinder, deren Eltern an Aids gestorben sind. Wenn die Kinder Malaria bekommen, ist das oft das Ende.“
Das sechsjährige Mädchen N'koma lebt mit ihren sieben Geschwistern in Armut.
© SOS-Kinderdorf e.V. / Foto: Ralph Weihermann
Problem AIDS: In Benin leben unzählige Waisenkinder
Die kleine N’koma sitzt gemeinsam mit dem Sozialarbeiter und ihrem Bruder Gerome vor der Hütte. Sie ahnt wohl irgendwie, dass der Besuch des Fremden für sie etwas bedeuten könnte. Mit den Kindern wird erst gesprochen, wenn eine Entscheidung feststeht. Gerome steht einer Aufnahme ins Kinderdorf mit gemischten Gefühlen gegenüber: „Ich habe Angst davor, sie gehen zu lassen. Aber auf der anderen Seite weiß ich, dass sie dort sehr gut aufgehoben sein wird. Und sie zieht ja nicht in ein anderes Land – es ist ja immer noch Natitingou.“
SOS-Kinderdorf hat Gerome dabei geholfen, die Geburtsurkunden aller Kinder zu besorgen, damit er nachweisen kann, welche Kinder zu seinem Haushalt gehören. Kinder in das SOS-Kinderdorf aufzunehmen, ist immer nur der letzte mögliche Schritt. „Wir sprechen mit der ganzen Familie, klären die Lebensumstände, unterhalten uns mit den Verwandten und den Nachbarn. Wenn es mehr Sinn macht, das Kind in der Familie zu lassen, dann tun wir das natürlich“, erklärt der SOS-Mitarbeiter. „N’koma ist auf jeden Fall ein Kind, das wir uns im SOS-Kinderdorf vorstellen können.“
101 Kinder haben im SOS-Kinderdorf bereits ein neues Zuhause
Alle 101 Kinder, die aktuell im SOS-Kinderdorf Natitingou leben, kommen aus ähnlichen Verhältnissen wie N‘koma. Eine große Herausforderung für den Sozialarbeiter: „Wir können unmöglich alle Kinder, für die es notwendig wäre, bei uns aufnehmen.“ Seit drei Jahren hilft SOS-Kinderdorf Familien gezielt mit dem Familienstärkungsprogramm. Ziel ist es, Kinder und Familien auch außerhalb des Kinderdorfes zu unterstützen.
An diesem Nachmittag begleitet N’koma ihren Bruder zur seiner Arbeit in die Autowerkstatt. Gerome hat Angst die Sechsjährige alleine in der kleinen Hütte zu lassen. In zwei Wochen wird der Sozialarbeiter Gerome und seine Geschwister wieder besuchen. Für N’koma rückt ein Leben im SOS Kinderdorf näher.