Als Naol* und Beki* von der Schule nach Hause kommen, nimmt ihre SOS-Kinderdorfmutter Bizunesh Shiferaw sie fest in den Arm. Sie erinnert sich noch an die schwierigen Tage nach ihrer Geburt. „Ihre leibliche Mutter starb direkt nach der Entbindung und ich hatte Angst, dass auch die beiden nicht überleben“, erzählt sie über die Zwillinge, die zwei Monate zu früh geboren wurden. Besonders große Sorgen machte sich Bizunesh um die kleine Beki. Sie war bei der Geburt nur 1,3 Kilogramm schwer.
Winzig klein waren die Kinder anfangs.
© SOS-Kinderdorf International / Foto: Jakob Fuhr
Heute sind Naol und Beki neun Jahre alt und sehr unterschiedlich. Naol ist kontaktfreudig und hat ein verschmitztes Lächeln. Er liebt Zeichentrickfilme und hat eine Leidenschaft für Kunst. Später möchte er mal Künstler werden. Beki hingegen ist zurückhaltend und ruhig. Sie liebt Sport, besonders das Fußballspielen mit ihren Freunden, und tanzt gerne zu traditioneller äthiopischer Musik. Wenn sie groß ist, möchte sie Ärztin werden: „Mein Wunsch ist es, Menschen bei gesundheitlichen Problemen zu helfen“, erzählt sie.
Tiefe Verbundenheit

© SOS-Kinderdorf International / Abeba Tiumelisan
Wenn Bizunesh die Geschwister beobachtet, wie sie miteinander reden, lachen und spielen, kann sie die tiefe Liebe und Verbundenheit der beiden zueinander erkennen. „Beki ist lieb zu mir“, erzählt Naol. „Sie hilft mir immer bei allem und erzählt mir gerne lustige Geschichten. Wir stehen uns sehr nahe und verbringen in der Schule und zu Hause viel Zeit zusammen.“
Bizunesh glaubt, dass die Zwillinge überlebt haben, weil sie sich gegenseitig hatten. „Für Kinder, die nicht bei ihrer leiblichen Familie aufwachsen, sind Geschwister besonders wichtig“, erklärt sie. „Sie geben sich Sicherheit und können sich gegenseitig unterstützen. Das fördert das Gefühl der Stabilität und der Zugehörigkeit. Außerdem hilft es ihnen dabei, eine Identität zu entwickeln und das Wissen um die familiäre Vergangenheit zu bewahren.“
Kontakt zum Vater bricht nicht ab
Manchmal sieht sich Bizunesh Fotos der Zwillinge an und kann kaum glauben, wie gut es ihnen heute geht. „Ich habe die beiden aufgezogen, seit sie Säuglinge waren und viel Pflege brauchten. Sie haben einen besonderen Platz in meinem Herzen.“
Nach Naols und Bekis Geburt konnte SOS-Kinderdorf den Vater ausfindig machen. Obwohl er nicht in der Lage ist, für die Kinder zu sorgen, haben die drei engen Kontakt. Sie telefonieren regelmäßig und hin und wieder besuchen die Geschwister sogar ihren Vater. Sollten sich seine Lebensumstände eines Tags zum Besseren verändern, wird SOS-Kinderdorf ihm dabei helfen, dass die Kinder zu ihm ziehen können.

Die Zwillinge haben einen besonderen Platz im Herzen ihrer SOS-Kinderdorfmutter.
© SOS-Kinderdorf International / Abeba Tiumelisan
*Namen zum Schutz der Privatsphäre geändert