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Caldonazzo

Die Sommerheimat am See

Jedes Jahr reisen Kinder und Jugendliche aus SOS-Kinderdörfern in ganz Europa in das Feriencamp Caldonazzo am gleichnamigen See in Italien. Hier genießen sie unbeschwerte Ferien und erleben Momente, an die sie sich noch lange erinnern werden.
Um zehn Uhr morgens sitzen auch die letzten Langschläfer am Frühstückstisch vor dem Bungalow Nummer 42. In der vergangenen Nacht hat sich die Hitze der vorherigen Tage in einem gewaltigen Gewitter entladen. Dementsprechend müde sind noch einige Gesichter. „Im Zelt hat man das ziemlich gehört, ich bin mehrmals aufgewacht“, erzählt die 17-jährige Dana*. „Teilweise hatte ich richtig Angst“, gibt auch die 15-jährige Sara* zu. Doch bei Kaffee und Cornflakes ist das schnell vergessen und auch am Himmel ist keine einzige Wolke mehr zu sehen. Die Sonne strahlt und verheißt einen weiteren Ferientag wie aus dem Bilderbuch.
Der Bungalow, vor dem Dana, Sara und die Anderen frühstücken, ist Teil des SOS-Feriencamps am Caldonazzosee in der italienischen Provinz Trient. Hermann Gmeiner, der Gründer von SOS-Kinderdorf, hatte das elf Hektar große Grundstück am See einst gekauft, um den Kindern aus den SOS-Einrichtungen einmal im Jahr Erholung und einen Aufenthalt in der Natur zu ermöglichen. Inzwischen ist aus den Ferien in Italien eine Tradition geworden, die die Kinderdörfer aus ganz Europa verbindet: Jedes Jahr kommen zwischen Juli und August bis zu 1.000 Kinder nach „Caldo“, wie das Feriencamp hier auch liebevoll genannt wird. Sie alle leben sonst in stationären SOS-Angeboten, also zum Beispiel in Kinderdorffamilien, Wohngruppen oder in betreuten Jugendhäusern.
Damit jeder auch sofort weiß, woher die Gruppe aus dem Bungalow 42 kommt, haben Dana und die Anderen ein großes, selbst gestaltetes Banner vor die Tür gehängt. „Worpswede“ steht darauf, der Name ihres Kinderdorfs.

Als Erste wach, als Letzte im Bett

Begleitet werden alle Kinder, die im Caldonazzo-Feriencamp Urlaub machen, von Betreuern und Betreuerinnen aus ihren Einrichtungen. Eine der Pädagoginnen aus Worpswede ist Stine Gürtler, die dort als Kunsttherapeutin arbeitet. „Wir Betreuer sind die Ersten, die morgens aufstehen, und die Letzten, die abends ins Bett gehen“, sagt sie lachend.
Eine der größten Herausforderungen für Gürtler und ihre Kollegen und Kolleginnen: die Balance zwischen der großen Ferien-Freiheit und der nötigen Struktur zu finden. Letztere brauchen gerade Kinder, die vor ihrer Unterbringung bei SOS-Kinderdorf in instabilen Elternhäusern aufgewachsen waren. „Ihnen hilft das Gefühl von Vorhersehbarkeit“, so Gürtler. Dabei unterstützen zum Beispiel auch die Tagespläne, die an einer Wand des Bungalows hängen. Darauf ist zu lesen, was es die nächsten Tage zu essen gibt, wer aus der Gruppe Tischdienst hat und welche Zeiten für Mahlzeiten und Nachtruhe eingeplant sind. Aber auch sonst bedeuten die Ferien für Gürtler und ihre Kollegen und Kolleginnen vollen Einsatz. „Letztendlich halten wir den Kindern den Rücken frei. Wir planen Aktivitäten, geben den Tagesrhythmus vor und greifen ein, wenn es Stress gibt“, fasst die Pädagogin ihre Aufgaben zusammen.

Ein Ort voller Abenteuer

Im Caldonazzo-Camp gibt es eigentlich alles, was man für gelungene Ferien braucht. Übernachtet wird in großen Zelten oder Bungalows, Mittag- und Abendessen werden geliefert und die „Caldo-Klinik“ versorgt Erste-Hilfe-Notfälle. Außerdem hat die Anlage einen eigenen Zugang zum See und jeden Tag werden auf dem Gelände verschiedene Aktivitäten angeboten: von Fußball bis Klettern. Aber auch Ausflüge sind möglich.
Der eigene Strand mit seinen zwei Stegen und der Wasserrutsche ist ein Highlight des Feriencamps und so kommen dort am Nachmittag fast alle Camper zusammen. Neben Deutsch kann man hier auch etliche andere europäische Sprachen hören. In das laute Stimmengewirr mischt sich auch immer wieder Englisch, mit dem sich Kinder aus verschiedenen Ländern, begleitet von vielen Gesten, wie selbstverständlich miteinander verständigen.
Neben der Wasserrutsche ist der Kiosk die eindeutige Hauptattraktion am Strand. Auch die Gruppe aus Worpswede ist schon da. „Hier gibt es einfach das beste Eis“, sagt Svenja* und Sara ergänzt: „Das gehört am Nachmittag einfach dazu.“ Dementsprechend lang ist die Schlange an dem Kiosk. Doch mit ein bisschen Geduld bekommt hier jeder seine Lieblingssorte.

Unbeschwertheit genießen

Am Kiosk steht gerade auch Carmen Eberle, die das Feriencamp seit 2007 leitet. Sie kann ganz genau beschreiben, was das besondere Gefühl dieses Orts ausmacht: „Ein Kind aus einem deutschen Kinderdorf hat Caldo mal seine ‚Sommerheimat‘ genannt. Das fand ich sehr passend“, sagt sie. Eberle ist es wichtig, dass die Kinder sich im Camp wohlfühlen, Spaß haben und vielleicht auch ein paar ihrer Sorgen vergessen können. „Ein Wort, das ich auch sehr gerne für das Caldo-Gefühl benutze, ist ‚Unbeschwertheit‘“, sagt Eberle.
Damit diese Unbeschwertheit noch mehr Kinder erleben können, haben Eberle und ihr Team die Ferienzeit in diesem Jahr freiwillig verlängert. Denn nach dem Ausbruch des Kriegs in der Ukraine hatte man in Caldonazzo entschieden, das Camp ausnahmsweise einen Monat früher zu öffnen. So hatten auch ukrainische Familien, die aus ihrer Heimat nach Italien geflohen waren, die Chance auf einige Wochen Urlaub am See. „Wir waren sehr froh, dass wir so wenigstens einen kleinen Beitrag leisten konnten“, sagt Eberle. 

Urlaub mit Mehrwert

Auch für Sozialpädagogin Gürtler sind die Wochen in Caldonazzo ein lieb gewonnener Teil ihrer Arbeit. Denn sie weiß, wie gut der Urlaub in Italien ihren Schützlingen tut. Während die Teenager sich mit ihrem Eis auf die Handtücher setzen, kichern und Karten spielen, erzählt sie: „Diese Ferien sind so wichtig für das Gemeinschaftsgefühl. Außerdem merke ich, wie sehr die Kinder an den Erfahrungen, die sie hier machen, wachsen und sich weiterentwickeln.“ Das SOS-Camp, findet Gürtler, hat dabei einen Vorteil gegenüber anderen Ferienfreizeiten: „In Caldo kommen alle Kinder aus SOS-Kinderdörfern zusammen. Es muss sich niemand verstellen oder erklären, weil alle SOS-Kinderdorf kennen. Hier können die Kinder einfach sie selbst sein.“ 
„Diese Ferien sind so wichtig für das Gemeinschaftsgefühl.“
Stine Gürtler, Sozialpädagogin
Um 18 Uhr wird es langsam Zeit, den See hinter sich zu lassen und sich fürs Abendessen fertig zu machen. Die Lichter gehen in den Zelten und Bungalows dann um 22 Uhr aus. Was man danach noch eine Weile in der Dunkelheit hört, ist das Zirpen der Zikaden und das leise Geflüster vieler glücklicher SOS-Camper. 
*Namen zum Schutz der Privatsphäre geändert.

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