Halt und Geborgenheit, wenn die leiblichen Eltern beides nicht geben können - das ist die Vision von SOS-Kinderdorf. Gestern wie heute wichtig: Geschwister bleiben zusammen.
Lukas und Leonie*
Wer Lukas und Leonie erlebt, merkt schnell, wie nahe sich der Siebenjährige und seine vierjährige Schwester sind. Manchmal legt Lukas „seiner“ Leonie beschützend den Arm um die Schultern oder drückt sie fest an sich. Die kleine Schwester liebt es, Zeit mit ihrem Bruder zu verbringen. Sich im Spiel und in der Natur zu vergessen, einfach wieder Kinder zu sein, das ist für das Geschwisterpaar das allergrößte Geschenk.
Leibliche Geschwister bleiben zusammen - dieses Credo gilt damals wie heute.
© SOS-Kinderdorf e.V.
Geschwister bleiben zusamen - damals wie heute
Vor einem Jahr ist die Mutter von Lukas und Leonie gestorben. Jahrelang hatte sie gegen ihre Suchterkrankung gekämpft. Als Alleinerziehende war sie mit den Kindern oft überfordert. Als Erster war Lukas ins SOS-Kinderdorf nach Dießen am Ammersee gekommen. Leonie, damals noch ein Baby, blieb zunächst bei der Mutter. „Man wollte ihr eine letzte Chance geben, der Kleinen eine gute Mutter zu sein“, erinnert sich Antje Hausmann von SOS-Kinderdorf. Doch auch das funktionierte mehr schlecht als recht. Das Jugendamt war „Dauergast“ in der Familie, der Gesundheitszustand der Mutter verschlechterte sich zusehends. Zuletzt sah sie selbst ein, dass sie ihrer Tochter keinen Gefallen tut, wenn sie sich weiter an sie klammerte.
So war es ein Segen für die Kinder, als auch Leonie ins SOS-Kinderdorf Dießen kommen konnte. Und es war selbstverständlich, dass das Mädchen mit seinem leiblichen Bruder in einer Kinderdorffamilie aufwachsen wird. Geschwister bleiben zusammen – an diesem Grundsatz der ersten Stunde von SOS-Kinderdorf wird nicht gerüttelt. Auch wenn heute manches anders ist als in den „Gründerjahren“ von SOS-Kinderdorf, bleibt die Vision dieselbe: Es geht darum, Kindern Halt und Geborgenheit zu schenken, wenn die leiblichen Eltern beides nicht geben können.
Leonie liebt es, Zeit mit ihrem Bruder zu verbringen. Sich im Spiel und in der Natur zu vergessen, einfach wieder Kinder zu sein, das ist für das Geschwisterpaar das allergrößte Geschenk.
© 123rf / Andrii Biletskyi
Lukas und Leonie haben noch einen weiten Weg vor sich
Der Schmerz über den frühen Tod der Mutter wird sie vermutlich ein Leben lang begleiten. Aber sie sind nicht allein. Neben ihrem SOS-Kinderdorfvater stehen ihnen weitere Fachkräfte zur Seite. Zum Angebot eines modernen SOS-Kinderdorfs gehören nämlich nicht nur ein warmes Zuhause mit regelmäßigen Mahlzeiten und betreuten Hausaufgaben. Sondern auch ein zeitgemäßer Umgang mit den Traumata und Verletzungen, die viele Kinder in ihren Ursprungsfamilien erlitten haben. In Dießen am Ammersee kann das zum Beispiel eine tiergestützte Therapie unter Einbeziehung von Pferden sein.
Wenn Lukas und Leonie und die anderen Geschwister der SOS-Kinderdorffamilie draußen auf dem Bolzplatz toben, geht es richtig rund in Dießen am Ammersee. Im Sommer 2018 feierte das Dorf einen runden Geburtstag: Vor 60 Jahren zogen die ersten Buben und Mädchen in dieses erste deutsche SOS-Kinderdorf ein. Wer die Fotos von damals sieht, merkt schnell, dass sich so manches verändert hat. Wer die bewegenden Geschichten der Kinder von damals und heute hört, weiß aber auch: Im Herzen ist die SOS-Kinderdorf-Idee so zeitgemäß und so jung wie eh und je.
*Namen und Alter zum Schutz der Kinder geändert. Das Foto zeigt nicht die realen Personen.