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Familientipps

Wie fühlen sich Kinder, wenn Eltern sich trennen?

Für Kinder ist die Trennung der Eltern ein tiefgreifener Einschnitt. Für sie ändert sich meistens der komplette Alltag – angefangen mit der Frage, wo sie wohnen wollen. Mama und Papa nun nicht mehr zusammen zu haben, sondern immer nur einen von beiden, ist eine goße Umstellung. Wir wollen erkären, was in Kindern vorgeht, wenn sich Eltern trennen.

Wie verarbeiten Kinder die Trennung der Eltern?

Kinder wollen im Grunde nicht, dass sich die Eltern trennen. Daher sind die Kinder erst einmal unglücklich, verunsichert, ängstlich und wütend. Das muss aber nicht so bleiben. Wie die Kinder die Trennung verarbeiten, hängt sehr von den Ressourcen in der Familie ab und wie die Eltern mit der Trennung umgehen. 
Positiv wirkt sich aus, wenn:
  • beide Eltern nach der Trennung verlässliche Eltern bleiben; 
  • die Eltern bei Bedarf soziale Unterstützung, Beratung  oder therapeutische Hilfe in 
  • Anspruch nehmen;
  • die Kinder eine verlässliche Alltagsstruktur haben, in der sie sicher gut aufgehoben fühlt;
  • die Eltern Konflikte vor dem Kind vermeiden;
  • die Eltern in ihren Rollen bleiben und die Kinder in der Kind-Rolle bleiben können, anstatt Partnerersatz zu werden;
  • die Eltern die Trennung  gut verarbeiten;
  • die Eltern trotz der Trennung kooperativ miteinander umgehen und dem Kind das Gefühl geben, weiterhin gemeinsam für es da zu sein.
Die Eltern können also sehr viel tun, damit ihre Kinder die Trennung gut verarbeiten und eine gute Entwicklung nehmen. Das braucht etwas Zeit, die Fähigkeit trotz eigener Probleme die Kinder im Blick zu behalten und den Mut sich bei Schwierigkeiten rechtzeitig auch professionelle Hilfe zu holen.

Verarbeiten Kleinkinder die Trennung der Eltern anders?

Kleinkinder  und Babys haben feine Antennen und spüren ganz genau, wenn es zwischen den Eltern Spannungen gibt. Sie reagieren oft sehr stark auf die Befindlichkeiten und die Gefühle ihrer Bezugspersonen. Häufig machen die Kinder Rückschritte in ihrer Entwicklung. Manche Babys weinen oder schreien mehr, können Einschlaf-, oder Durchschlafschwierigkeiten haben oder verändern ihre Essgewohnheiten. 
Kleinkinder sind oft anhänglicher und weinen beispielsweise wieder, wenn sie in den Kindergarten gebracht werden. Trennungsängste, Rückschritte in der Sauberkeitserziehung  oder auch verstärktes Trotzverhalten sind Verhaltensänderungen, die im Kindergartenalter häufig vorkommen. Sie können viele Dinge nicht richtig einordnen und sind dadurch verunsichert. Außerdem neigen kleinere Kinder dazu alles auf sich zu beziehen, was zu Schuldgefühle führen kann. Dem Kind muss dann erklärt werden, dass  die Eltern die Verantwortung für die Trennung haben.
Dazu kommt, dass jüngere Kinder manchmal ihre Fragen noch nicht stellen können und ihre Ängste und Sorgen nicht aussprechen. Teilweise drücken sie ihre Gefühle dann körperlich aus und reagieren beispielsweise mit Bauch- oder Kopfschmerzen. Auch die kleinen Kinder sind wütend, traurig, ziehen sich zurück und fühlen sich verunsichert. Es ist ganz normal, dass das Kind auf die Trennung reagiert, diese Reaktionen sind gesund und wichtig. Die Reaktionen sollen die Eltern auf keinen Fall unterdrücken oder bekämpfen, sie dienen dazu, die aus dem Lot geratene Gleichgewicht  wiederherzustellen. Gleichzeit besteht kein Grund aus einem Schuldgefühl heraus mit Überfürsorge oder Verwöhnung zu reagieren. Kinder brauchen einfach auch etwas Zeit die Trennung der Eltern und die damit verbundenen Veränderungen zu verarbeiten. Daher ist es im Falle einer Trennung wichtig, die Gefühle des Kindes wahrzunehmen und es verständnisvoll zu begleiten.

Auf was muss bei Kleinkindern besonders geachtet werden?

Bei Kleinkindern ist es besonders wichtig ihnen Sicherheit, Geborgenheit und bedingungslose Liebe zu vermitteln. Außerdem brauchen sie im besonderen Maße einen geregelten Tagesablauf und klare, verlässliche Strukturen und Rituale. Beispielsweise ist es wichtig, das  Kind immer rechtzeitig zu informieren, wenn ein Wechsel zum anderen Elternteil ansteht.
Im ersten Lebensjahr brauchen die Kinder konstante Versorgung und Zuwendung von mindestens einer festen Bezugsperson. Säuglinge bauen zu wenigen Bezugspersonen eine Bindung auf und zu diesen Personen sollte der Kontakt konstant sein. Für die Umgänge beutet dies, dass sie häufiger, wöchentlich oder öfter, und dafür eher kürzer, nur einige Stunden, stattfinden sollten.  
Kleinere Kinder bis zum Kindergartenalter fühlen sich durch eine Trennung der Eltern meist sehr verunsichert und haben teilweise Angst auch den anderen Elternteil zu verlieren.  Auch hier sollte die Umgänge lieber häufiger stattfinden und können aber schon einen halben oder ganzen Tag dauern. Übernachtungen sind in diesem Altern nur sinnvoll, wenn eine gute Bindung zum umgangsberechtigten Elternteil besteht.
Den Kindergartenkindern sollten keine zusätzliche Veränderungen zugemutet werden, d.h. auch, dass ein Kindergartenwechsel möglichst vermieden werden soll. Sie brauchen immer wieder altersgerechte Erklärungen, was passiert ist und Möglichkeiten, ihre Gefühle zu äußern und auszudrücken. Es gibt zahlreiche gute thematische Bücher für diese Altersgruppe, die bei der Erklärung und Verarbeitung unterstützen können.
Literaturtipps: 
  • „Fips versteht die Welt nicht mehr: Wenn Eltern sich trennen“ von Jeanette Randerath  (Autorin) und Imke Sönnichsen (Illustratorin)
  • „Wir sind immer für Dich da! Wenn Mama und Papa sich trennen“ von Harriet Grundmann (Autorin), Marc-Alexander Schulze (Illustrator)
  • „Was, wenn Eltern auseinandergehen?“ von Dagmar Geisler (Autorin, Illustratorin)

Wie oft sollte ich mit meinem Kind sprechen, wie es sich gerade mit der Situation fühlt?

Die meisten Kinder mögen es nicht, wenn die Eltern zu viele Fragen stellen. Sie spüren aber, wenn die Eltern für ihr Sorgen und Nöte offen sind und kommen dann auf die Eltern zu. 

Mein Kind verschließt sich. Wie kann ich herausfinden, wie es sich fühlt?

Wichtig ist auch das Schweigen des Kindes zunächst zu akzeptieren, auch wenn es sehr schwer  fällt. Vermutlich hat das Kind einen guten Grund sich erst mal zu verschließen.
Manche Kinder haben das Gefühl, sie müssen die Eltern schonen und behalten deshalb ihre Probleme und Gefühle für sich. Andere sind in einem Loyalitätskonflikt zwischen den Eltern. Kinder brauchen die Erlaubnis , dass sie beide Elternteile lieben dürfen und sich nicht für eine Seite entscheiden müssen. Es kann viele Gründe geben, warum sich ein Kind verschließt.
Wer sein Kind verstehen möchte, muss wirklich bereit sein aktiv zuzuhören. Dann kann sich das Kind auch öffnen. Zeigen Sie in einer ruhigen und angenehmen Atmosphäre Interesse an den Schilderungen des Kindes ohne diese gleich zu kommentieren oder zu bewerten. 
Aktives Zuhören bedeutet, dass sie dem Kind  signalisieren, dass Sie sich für das, was es sagt und fühlt, interessieren. Dies können Sie zeigen in dem Sie hin und wieder zusammenfassen, was das Kind gesagt hat. So erfahren Sie, ob Sie Ihr Kind richtig verstanden haben. Gleichzeitig erfährt das Kind, dass Sie sich ernsthaft Mühe geben, es zu verstehen. Anschließen suchen sie mit ihrem Kind  gemeinsam nach Lösungen.

Mein Kind möchte mich nicht mehr sehen. Was kann ich tun?

Das ist keine Frage, die so allgemein beantwortet werden kann. In diesem Fall würde ich Ihnen Raten, dass Sie sich professionelle Hilfe beispielsweise an einer Erziehungsberatungsstelle holen. Denn hier kann angemessen auf Ihre individuelle Situation eingegangen werden.
Ganz allgemein ist zu raten die Reaktion des Kindes erst einmal zu akzeptieren und gleichzeitig Gesprächsbereitschaft zu signalisieren. Hilfreich kann es sein zu zeigen, dass Sie auch zu einem kritischen Gespräch und Veränderungen bereit sind. Eine gute Kooperation der Eltern zum Wohle des Kindes, ist in so einem Fall ebenfalls förderlich für die Verbesserung der Eltern-Kind-Beziehung.

Ab wann braucht mein Kind professionelle Hilfe, um die Trennung zu verarbeiten?

Wenn es Auffälligkeiten im Verhalten, Probleme in der Entwicklung, schulische Schwierigkeiten oder emotionale Probleme über mehrere Wochen oder Monate hinweg zeigt, ist es ratsam sich professionelle Hilfe zu holen. Beispielsweise in einer Erziehungsberatungsstelle, die normalweise relativ kurzfristig einen Termin anbietet. Hier kann gemeinsam geklärt werden, ob die Unterstützung der Beratungsstelle ausreicht oder ob zusätzlich psychotherapeutische oder psychiatrische Hilfe notwendig ist.

 

Unsere Expertin

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Maria Stock ist Leiterin der SOS-Familien- und Erziehungsberatungsstelle und der Fachstelle für Betroffene von sexualisierter Gewalt im SOS-Kinderdorf Ammersee. Sie ist Diplom-Sozialpädagogin, systemische Familien- und Hypnotherapeutin  und  verfügt über langjährige Erfahrung in der Arbeit mit Familien, Kindern, Jugendlichen, Migranten und traumatisierten Menschen.
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