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Ambulante Hilfen bei SOS-Kinderdorf

Ein Ausweg aus der Wut

Manchmal konnte Marco* sich einfach nicht mehr kontrollieren und all die Gefühle, die Angst und die Verzweiflung wurden zu viel für den Siebenjährigen. Er schrie dann so laut wie er nur konnte oder schlug um sich. Einmal war Marco so wütend, dass er gegen eine Wand in seinem Kinderzimmer trat und sich gleich mehrere Knochen in seinem Fuß brach. Auch in der Schule eckte Marco mit seinem Verhalten an. Seine Mitschüler mieden ihn und seine Leistungen wurden zusehends schlechter.
Der Grund für Marcos Angst und seine Wutausbrüche war die Sorge um seine Mutter. Vor knapp einem Jahr haben die Ärzte bei ihr eine bereits weit fortgeschrittene Krebserkrankung festgestellt. Dass sie wieder gesund wird, ist unwahrscheinlich, seit der Diagnose hat sich ihr Zustand bis zur Bettlägrigkeit verschlechtert. Kurz nach dem ersten Krankenhausaufenthalt seiner Mutter zog Marco zu seinem getrennt lebenden Vater. Doch der verlor schon bald immer mehr den Zugang zu seinem Sohn. Marcos Vater war selber als Teenager aus seinem Elternhaus ausgezogen und schon früher war er deshalb oft unsicher bei der Erziehung seines eigenen Kindes. Mit der neuen Situation und Marcos Stimmungsschwankungen war er schnell fast genauso überfordert wie sein Sohn.

Die ambulanten Hilfen – echte Retter in der Not

Als Marcos Vater wieder einmal wegen einer Prügelei seines Sohnes zum Schuldirektor gerufen wurde, beschloss er sich Hilfe zu suchen. Er wandte sich an das Jugendamt, das ihn wiederum an die ambulanten Hilfen von SOS-Kinderdorf verwies. Für ihn und Marco eine echte Rettung in der Not, denn die Familienhelfer hier reagierten schnell. Als erste Maßnahme stellten sie Marcos Vater im Rahmen einer Erziehungsbeistandschaft einen Familienhelfer an die Seite. „Für den Vater war es wichtig, die Emotionen seines Sohnes besser zu verstehen und damit umzugehen“, erzählt einer der SOS-Mitarbeiter, der die Familie betreut. Durch die Unterstützung hat Marcos Vater außerdem wieder das Vertrauen in seine eigenen erzieherischen Fähigkeiten zurückgewonnen. „Inzwischen kann er die meisten Konflikte mit seinem Sohn lösen, bevor sie eskalieren“, schildert der Pädagoge. Auch verbringt Marcos Vater inzwischen viel Zeit im SOS-Familienzentrum. Hier hat er Anschluss an andere Eltern gefunden, mit denen er sich austauschen kann. Auch mit Marcos Mutter steht SOS-Kinderdorf in Kontakt, denn auch sie möchte lernen, wie sie trotz ihrer Krankheit für ihren Sohn da sein kann. „Inzwischen telefoniert sie regelmäßig mit uns und kann ihrem Sohn ihren Zustand viel besser erklären“, erzählt der SOS-Mitarbeiter.

Weniger Wut durch mehr Selbstwertgefühl

Und auch Marco selber hat große Fortschritte gemacht. In einem ersten Schritt stellten ihm die ambulanten Helfer einen Schulbegleiter an die Seite. Der hilft dem Jungen, sich im Unterricht zu konzentrieren und seine Aufgaben ordentlich zu erledigen. Inzwischen ist Marco deutlich besser in seine Klasse integriert und schreibt wieder gute Noten. „Er selbst freut sich am allermeisten, dass der Lehrer jetzt nicht mehr ständig böse auf ihn ist“, erzählt der Schulbegleiter lachend. Zudem hat Marco durch Einzelgesprächen mit den SOS-Mitarbeitern sein Selbstwertgefühl zurückgewonnen und fühlt sich weniger hilf- und machtlos. Um das zu erreichen, arbeiteten die Pädagogen seine Talente und Stärken gemeinsam mit dem Siebenjährigen heraus. Marco war zum Beispiel immer ein begeisterter Skateboard-Fahrer. Sein Berater ermutigte ihn, das Hobby wieder aufzunehmen und half ihm auch sein kaputtes Skateboard zu reparieren. Inzwischen hat Marco Vertrauen zu seinem Berater gewonnen und wendet sich auch mit Themen, die ihn bedrücken, an ihn.
Seit SOS-Kinderdorf begonnen hat mit seiner Familie zu arbeiten, ist Marco ein deutlich fröhlicheres Kind. Einen Wutausbruch hatte er schon lange nicht mehr. Wenn er den Kopf freibekommen will, fährt er jetzt, statt seine Gefühle an anderen auszulassen, Skateboard.
* Name, Details und Abbildungen zum Schutz der Privatsphäre geändert.

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