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Digitale SOS-Fachtagung 2022

Früh in Fremdbetreuung – Junge Kinder in der Heimerziehung

Was brauchen junge Kinder für ein gutes Aufwachsen in den stationären Hilfen zur Erziehung, wie lassen sich Eltern dabei gut einbinden – und was bedeutet das für die pädagogische Praxis? Diese Fragen standen im Mittelpunkt der digitalen SOS-Fachtagung am 3. und 4. November 2022 mit rund 240 Teilnehmer*innen aus der Kinder- und Jugendhilfepraxis, aus Verwaltung, Forschung und Wissenschaft. 

Anforderungen an die Kinder- und Jugendhilfe

„Junge Kinder in der Fremdunterbringung brauchen für eine gute Entwicklung genau das, was alle anderen Kinder auch brauchen, und dies sollte der Maßstab für alle Hilfen sein“, 
so Prof. em. Dr. Klaus Wolf im Interview. Neben Sicherheit und der Befriedigung körperlicher und seelischer Grundbedürfnisse spielen gerade bei Kindern von null bis sechs Jahren Kontinuität und Stabilität eine zentrale Rolle. 
Die Kinder- und Jugendhilfe hat den Anspruch, all dies zu gewährleisten – und steht damit vielfältigen Anforderungen gegenüber. Es gilt,
  • den jungen Kindern verlässliche Beziehungen anzubieten und ihre Bedürfnisse konsequent zu berücksichtigen,
  • sie im pädagogischen Alltag umfassend zu beteiligen,
  • die Betreuung möglichst familial zu gestalten,
  • von Anfang an eine sorgfältige und zügige Perspektivklärung anzustreben,
  • „weiche“ Übergänge zu gestalten und Rückkehrprozesse so zu begleiten, dass Ortswechsel und personelle Veränderungen gut bewältigt werden können, 
  • partizipativ mit den Eltern zusammenzuarbeiten und sie auch während der Unterbringung in die Betreuung und Versorgung der Kinder einzubeziehen.

Ein guter Ort zum Aufwachsen

Über all diese Themen wurde im Rahmen von Vorträgen, Foren und Arbeitsgruppen angeregt diskutiert, auch mit Blick auf unterschiedliche Settings wie Wohngruppen, Kinderdorffamilien, Erziehungsstellen, Pflegefamilien oder Eltern-Kind-Wohnen. Die Frage, welche Betreuungsform die richtige für kleine Kinder ist, lässt sich jedoch nicht pauschal beantworten. Vielmehr geht es in jedem Angebot darum, dass es nach den individuellen Bedürfnissen der jungen Menschen gestaltet wird und einen guten Ort zum Aufwachsen für das jeweilige Kind garantiert.

Rege Beteiligung

Die Tagung bot dem Publikum vielfältige Möglichkeiten, sich aktiv einzubringen. In der folgenden Grafik wird beispielsweise die Fülle an Impulsen sichtbar, die die Teilnehmer*innen in ihre eigene Praxis mitgenommen haben:

Voraussetzungen für gelingende Hilfen

Im Verlauf der zwei Veranstaltungstage wurde deutlich, wie komplex dieses spezielle Arbeitsfeld der Kinder- und Jugendhilfe ist und mit welchen Herausforderungen und Spannungsfeldern Fachkräfte umzugehen haben – sowohl bei der Betreuung der jungen Kinder als auch in der Zusammenarbeit mit den Eltern. Damit dies gut funktioniert, müssen unter anderem folgende Voraussetzungen gegeben sein: 
  • Es braucht eine ehrliche und transparente Diskussion darüber, was leistbar ist und was nicht. Sie bildet die Grundlage für die fachlich-konzeptionelle und fachpolitische Weiterentwicklung – nicht zuletzt für die Aushandlung angemessener Rahmenbedingungen.
  • Die verschiedenen Akteure der Kinder- und Jugendhilfe müssen sich zusammenschließen, gute Absprachen untereinander treffen und inhaltlich an einem Strang ziehen mit dem Ziel, den Bedarfen von (jungen) Kindern und ihren Familien wie auch von pädagogischen Fachkräften Gehör zu verschaffen. Träger haben dafür Sorge zu tragen, dass Themen der Kinder- und Jugendhilfe auf (fach-)politischer Ebene präsent sind.
  • Vonnöten ist ein Prinzip der „Allparteilichkeit“, mit dem Kinder wie auch ihre Familien gleichermaßen im Blick behalten werden.
  • Die Vielfalt der Konzepte hat gezeigt, dass es bei der Betreuung von jungen Kindern nicht ein Setting gibt, das für alle passt. Jedes Angebot kann in Frage kommen, wenn es gut konzipiert ist und im pädagogischen Alltag dem einzelnen Kind und seiner Familie gerecht wird. 
  • Damit Fachkräfte kleinen Kindern verlässliche Beziehungs- und Betreuungsangebote zur Verfügung stellen können, brauchen sie selbst umfangreiche Unterstützung, gute Arbeitsbedingungen und genügend Zeit. Die Jugendhilfe hat die Aufgabe, bei Kostenträgern die dafür nötigen Ressourcen einzufordern.
Über allem steht, dass Beteiligung als Grundprinzip der Kinder- und Jugendhilfe umgesetzt werden muss. Das gilt sowohl für die jungen Kinder und ihre Herkunftsfamilien als auch für die Fachkräfte, die gute Möglichkeiten haben sollten, sich mit ihren Anliegen einzubringen.

Die Präsentationen der Veranstaltung stellen wir Ihnen am Seitenende sukzessive zum Download zur Verfügung. Eine ausführliche Tagungsdokumentation finden Sie hier voraussichtlich im Februar 2023. 
 

Interview mit Prof. em. Dr. Klaus Wolf


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