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Herausforderungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

„Immer wieder neugierig sein auf die Familien“

Die Aufgaben, Rollen und Tätigkeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Frühen Hilfen sind sehr vielschichtig. Häufig wechselnde Anforderungen sind charakteristisch für dieses Arbeitsgebiet. Um den Herausforderungen gerecht zu werden, verfügen viele Fachkräfte im  SOS-Kinderdorfverein über spezifische Zusatzqualifikationen oder werden berufsbegleitend gefördert.

Die Erzieherin Hildegard Liebert kam mit einigen Jahren Berufserfahrung zu den SOS-Kinder- und Jugendhilfen München und Erding, war dort zehn Jahre lang Koordinatorin im Familienzentrum am Standort Berg am Laim und ist seit 2008 in verschiedenen Funktionen in den Frühen Hilfen tätig. Im Interview berichtet sie über ihren Werdegang beim SOS-Kinderdorfverein, über die Chance, sich dort inhaltlich weiterzuentwickeln und über die Unterstützung, die sie dabei vom SOS-Kinderdorf e.V. erfahren hat. Sehr persönlich reflektiert Hildegard Liebert die videobasierte Arbeit mit jungen Müttern im Münchner Osten und die Aufgaben, die damit verbunden sind.

Welche Aufgaben erfüllen Sie im Rahmen der Frühen Hilfen beim SOS-Kinderdorf e.V.?

Ich arbeite mit der Zielgruppe „Schwangere, junge und jüngste Mütter“ unter besonders belasteten Lebensbedingungen. Dieses Projekt ist noch sehr jung und besteht aus einer Kombination von Hausbesuchen und Gruppentreffen im 14-tägigen Wechsel. Bei den Hausbesuchen geht es um Einzelberatung, in der anderen Woche treffen sich die Mütter dann hier im Familienzentrum in der Gruppe und werden bei uns auch umsorgt. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt, weil die Frauen oft noch sehr jung sind. Es tut ihnen sehr gut, wenn sie mal nicht alles selber leisten müssen und nicht nur Anforderungen an sie gestellt werden, sondern wenn jemand da ist, der auch mal sagt: „Das Essen steht auf dem Tisch, komm, machen wir’s uns gemütlich.“

Welche Themen beschäftigen die Mütter besonders?

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Das sind Fragen zur Erziehung, Sprachschwierigkeiten, ihre Herkunft oder auch Arbeitslosigkeit und beengte Wohnsituationen mit wenig Entlastung, etwa wenn sie  mit vier Kindern in einer Zweizimmerwohnung leben und ohne Krippenplatz auskommen müssen. Viele Mütter haben existentielle Sorgen, sind überlastet, teilweise auch psychisch krank oder sozial isoliert. Auch alltagspraktische Themen werden regelmäßig angesprochen: Wie organisiere ich meinen Haushalt? Wie bekomme ich eine Struktur in meinen Tagesablauf mit Kind? Welche Zukunftsperspektiven habe ich? Muss ich noch einen Abschluss machen? Wie kann ich wieder in den Beruf einsteigen? Die Beschäftigung mit diesen vielfältigen Aspekten macht mein Aufgabengebiet sehr breit und abwechslungsreich.

Wie sind Sie zu Ihrer Tätigkeit im Bereich „Frühe Hilfen“ gekommen? Welche Unterstützung haben Sie dabei vom SOS-Kinderdorf e.V. erfahren?

Nach einigen Jahren als Erzieherin und einem Studium der Erwachsenenbildung habe ich bei den SOS-Kinder- und Jugendhilfen München und Erding zunächst im Familienzentrum gearbeitet und dort die offenen Angebote mit aufgebaut. Nach zehn Jahren in der Koordination, Leitung und Vernetzungsarbeit wollte ich mich mehr auf die einzelnen Familien konzentrieren können. Und da hat mir 2008 die damalige Einrichtungsleiterin des SOS-Beratungs- und Familienzentrums München angeboten, mich in die „Münchner Frühen Hilfen“ einzuarbeiten. Das war für mich etwas ganz Neues und eine tolle Chance, mich inhaltlich weiterzuentwickeln. Neben dem Besuch regelmäßiger Fortbildungsangebote der Stadt München im Bereich der Frühen Hilfen, z. B. bei Frau Prof. Dr. Ziegenhain von der Universität Ulm, erhielt ich vom SOS-Kinderdorfverein finanzielle und zeitliche Ressourcen, um eine STEEP-Ausbildung zu machen.

Was ist das Besondere an dieser Qualifizierung?

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In der STEEP-Ausbildung wird ein Verfahren zur Stärkung der Eltern-Kind-Bindung und zur Förderung der Erziehungskompetenz vermittelt, das auf Videoarbeit basiert und in den Frühen Hilfen häufig eingesetzt wird. STEEP ist eine sehr positive, lebensbejahende Methode, bei der gemeinsam mit den Eltern an den Stärken gearbeitet wird, statt sich auf die Schwächen zu konzentrieren. Das hat mich besonders angesprochen. Die Ausbildung richtet sich in der Regel an Sozialpädagogen und an Fachkräfte, die speziell für die videogestützte und ressourcenorientierte Beratung in den Frühen Hilfen qualifiziert werden sollen. Über diesen Zugangsweg hat mir SOS-Kinderdorf die Arbeit mit STEEP ermöglicht, was ich echt klasse finde.
 

Welche Herausforderungen sind mit Ihrer Arbeit verbunden?

Da ich mit nur zehn Stunden in diesem Projekt tätig bin und meine Kollegin mit acht Stunden, ist es eine große Herausforderung, in dieser kurzen Zeit alle Frauen zu besuchen und alle Termine gut zu koordinieren – inklusive Fahrtwegen, Vor- und Nachbereitung, Gruppennachmittag, Dokumentation und Fallbesprechungen. Das stellt hohe Anforderungen an ein gutes Zeitmanagement und verbindliche Absprachen im Team.

Und worauf kommt es im Kontakt mit den Familien an?

Ich denke, immer wieder neugierig zu sein auf die Familien – nicht mit irgendwelchen Klischees auf sie zuzugehen. Also nicht zu sagen: „Ich weiß, wie es geht, also machen wir’s jetzt so“, sondern zu gucken: „Wie ist diese Familie wirklich, wie macht sie dies und das? Kann ich mich darauf einlassen, wie sie ihr Leben gestaltet? Was hält diese Familie zusammen, was macht ihr wirklich Spaß?“ Es ist schon eine große Herausforderung, zumal wir uns hier in unterschiedlichen Kulturen bewegen, wirklich offen zu sein und zu sagen: „Jetzt schauen wir mal, was den Kindern in dieser Familie gut tut.“

(August 2018)

Frühe Hilfen in München

Die Frühen Hilfen der Stadt München arbeiten an der Schnittstelle zwischen dem Gesundheitsreferat und dem Sozialreferat. Die Familien, für die psychosoziale Unterstützung hilfreich sein könnte, werden dem SOS-Kinderdorfverein sehr früh über das Gesundheitssystem vermittelt, vor allem durch Kinderkrankenschwestern. Wenn die Eltern in dieses Angebot einwilligen, besuchen Fachkräfte von SOS-Kinderdorf sie etwa drei Monate lang innerhalb der ersten drei Lebensjahre der Kinder.

Die Anliegen der Familien reichen von einfachen pädagogischen Fragestellungen bis hin zu komplexen Problemen, auch in der Partnerschaft. Gründe für den Hilfebedarf können z. B. eine Wochenbettdepression oder Regulationsstörungen sein.

"Das Schönste ist, verschüttete Stärken gemeinsam aufzudecken"

STEEP ist ein evaluiertes Verfahren zur Stärkung der Eltern-Kind-Bindung und zur Förderung der elterlichen Erziehungskompetenz.

Lesen Sie mehr zur videobasierten Arbeit mit STEEP