Wo sind denn die Kinder geblieben? Ohne die ist es immer so langweilig!“ fragt energisch eine der alten Damen, die im Altersrand im SOS-Mütterzentrum betreut wurden. Das war nur wenige Tage bevor auch der Altenservice geschlossen wurde und die Kindergruppen schon länger zu Hause bleiben mussten. Dann wurde es still im Haus. Wegen Corona waren zunächst alle Angebote für Jung und Alt eingestellt worden.
Für das Modellprojekt „Wir schauen über den Altersrand – gemeinsame Betreuung von Kinder und Alten“ war es das Ende der intergenerativen Praxis, es gab nichts mehr zu „ beforschen“. Geblieben ist aber eine Fülle von Erkenntnissen in Form von Beobachtungen, Aufzeichnungen und Interviews aus der langen Praxis Zeit vor Corona. Bereits 2017 wurde mit den Vorarbeiten des Modellprojektes begonnen und 2020 ist es offiziell zu Ende.
Das Projektteam aus Wissenschaftlerinnen und den Mitarbeiterinnen der Kindergarten Gruppe und dem Altenservice im SOS-Mütterzentrum haben ganze Arbeit geleistet. Jetzt liegen großartige Erkenntnisse vor, die derzeit ausgewertet werden und sie sind vielversprechend.
Erkenntnisse werden ausgewertet
Ziehen wir hier einmal Bilanz: im Projektverlauf wurden bis zu 40 Kinder und alte Menschen täglich betreut, mehr als 350 Mahlzeiten gemeinsam eingenommen, 200 Mittagskreise gemeinsam gestaltet, dutzende verschiedene Spiele gespielt und über 70 Kreativ-Angebote gemacht. Von unzähligen spontanen Herzlichkeiten, strahlenden Augen und Besserungen der Alltags-Wehwehchen gar nicht zu reden.
Es wurde ebenso reflektiert, manches Bewährte erhalten, anderes umgestaltet, ergänzt und verworfen. Die begeisterten Reaktionen von beteiligten alten Menschen, deren Angehörigen und den Eltern der Kinder, sowie der Kinder selbst bestätigen uns, diese institutionelle intergenerative Betreuungsform nach den Beschränkungen durch Corona wieder aufzunehmen. „Die alten Menschen warten dringend darauf das Ihr wieder auf macht, sie sind es leid noch länger einsam zu Hause ausharren zu müssen“ berichtete uns eine Allgemeinmedizinerin.
Die Wirkung der Einschränkungen im alltäglichen Leben durch Corona hat interessanterweise sehr deutlich gemacht, wie verheerend die Kontaktverbote sind. Kindern den Kontakt zu Großeltern zu verbieten, wie auch umgekehrt ist für alle einfach grausam.
Wir ziehen daraus die Bestätigung, dass die Ergebnisse des Modellprojektes durch Corona nicht verloren sind, sondern dass die Gesellschaft nicht nur neugierig, sondern geradezu angewiesen ist auf unsere Erkenntnisse. Darauf haben wir reagiert.
Die vielen Wochen des Homeoffice nutzte das Altersrand-Team um ein Werk – Buch zu erstellen, das wie ein Nachschlagewerk und auch als Curriculum genutzt werden kann.
Es wendet sich an alle, die sich für die intergenerative Betreuung in Institutionen interessieren, bietet Informationen und Unterstützung bei der Planung und Umsetzung dieses neuartigen Konzeptes. Das Werk-Buch ist voller Tipps und Tricks für den gemeinsamen Alltag mit Kindern und Alten. Vor allem soll es Trägern und Fachleuten Mut machen diesen Schritt, zu einem intergenerativen Angebot für Kinder und Alte in ihren Einrichtungen zu wagen.
Quelle: Hildegard Schooß, Juli 2020