Im Kinder- und Familienzentrum Garmisch-Partenkirchen, das zum SOS-Kinderdorf Weilheim gehört, betreuen wir Kinder mit Förderbedarf von Geburt bis zum Schuleintritt. Der Einsatz des Tablets hat uns in der Frühförderung in bestimmten Bereichen der Therapie neue Wege eröffnet.
Vom Tablet als Fördermaßnahme profitieren besonders Kinder mit Beeinträchtigungen der Wahrnehmung und weiteren Entwicklungseinschränkungen.
© SOS-Kinderdorf e.V. / Regina Kofler
Von den neuen Medien profitieren insbesondere Kinder mit einem sogenannten basalen Entwicklungsniveau, bei denen neben Beeinträchtigungen der Wahrnehmung auch weitere Einschränkungen vorliegen, sowie Kinder aus dem Autismus Spektrum. Zudem dient das Tablet auch als Kommunikationshilfe für nicht oder noch nicht sprechende Kinder.
Ziele und Einsatzbereiche des Tablets
- Ursache-/ Wirkungsprinzip und Selbstwirksamkeit erarbeiten
- neue Interessen wecken
- Motivation fördern
- Aufmerksamkeit und Ausdauer steigern
- Akzeptanz für fremdbestimmte Angebote schaffen
- Strukturierung bieten
- Belohnungssystem etablieren
- Nutzung als Kommunikationsmedium (basal, aber auch im Sinne eines Talkers)
Tablets machen das Lernen attraktiv und wirken motivierend. Das Üben macht den meisten Kindern aufgrund des hohen Aufforderungscharakters der Apps Spaß. Damit besteht für sie die Möglichkeit irgendwann selbst in Handlung und Interaktion zu kommen. Ein Tablet findet häufig mehr Akzeptanz bei Eltern und Kindern als herkömmliche Hilfsmittel, da es mittlerweile in vielen Familien bereits zum Alltag gehört. Die große Auswahl an verschiedenen Apps kann individuelle Interessen abdecken und bietet kindgerechte Abwechslung.
In der interdisziplinären Frühförderung ist ein wesentlicher Ansatz, lernförderliche Bedingungen im gesamten Umfeld des Kindes zu schaffen. Wichtige Voraussetzungen für das Lernen mit dem Tablet sind Interesse und Lernbereitschaft, eine gute physische und psychische Verfassung beim Kind, sowie eine adäquate Sitzposition und ein reizarmes Umfeld.
Auswahl und Erstellung passender Lerninhalte
Die Lerninhalte müssen auf den Entwicklungsstand des Kindes angepasst werden. Dies stellt uns immer wieder vor die Herausforderung, passende Inhalte zu finden. Die meisten Apps sind für die Kinder in der Therapie zu schnell, zu laut und zu reizoffen. Aus diesem Grund braucht es viel Zeit, geeignete Apps zu suchen und zu finden, bzw. über Programme (z.B. LearningApps.org oder der App quizmaker) selbst zu erstellen bzw. anzupassen.
Voraussetzungen für die sinnvolle Nutzung des Tablets
Bei allen Vorteilen ist die Nutzung eines Tablets nur eine Lernmöglichkeit unter vielen anderen. Sie muss bewusst ausgewählt werden und sollte in das Lebensumfeld des Kindes integriert werden. Das bedeutet, das gesamte Umfeld (Familie, Kindertageseinrichtung, Therapeut*innen) sollte mit dem Gerät arbeiten. Je besser die Begleitpersonen die Apps und die Möglichkeiten kennen, umso gezielter und erfolgreicher kann die Anwendung gelingen. Bewegungs- und Sinneserfahrungen haben nach wie vor Vorrang vor eindimensionalen Erfahrungen mit dem Tablet.
Vor der Anschaffung eines Tablets müssen auch strukturelle Voraussetzungen geschaffen sein (bsp: Internetzugang, Accountmöglichkeiten für den Kauf von Apps, sowie das Budget etc. ). Wichtig ist dabei auch ein schneller und unkomplizierter Zugang zu neuen und aktuellen Apps, damit man auf Entwicklungsfortschritte und Interessen des Kindes schnell reagieren kann. Ebenso ist die Anschaffung einer passenden, wasserabweisenden und gut zu reinigenden Schutzhülle um einen hygienisch einwandfreien Einsatz zu gewährleisten unabdingbar. Das Tablet wird dadurch auch vor Schäden bewahrt. Sind diese Voraussetzungen gewährleistet, kann das Tablet eine wertvolle Therapiemaßnahme in der interdisziplinären Frühförderung sein.