„Papa und ich“ ist ein Erfolgsprojekt, das vom Land Mecklenburg-Vorpommern und der Auridis Stiftung gefördert wird und mittlerweile in die 3. Runde geht. Im Mai 2019 fand das erste Treffen in der JVA in Stralsund mit inhaftierten Vätern und ihren Kindern und Mitarbeitern des SOS-Familienzentrums aus Grimmen statt. Seitdem wurden über 30 Väter mit ihren Kindern in diesem Projekt erreicht.
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Ein Projekt von dem alle Beteiligten profitieren
Eine Inhaftierung trifft nicht nur den Straftäter. Auch sein sozialer Nahraum muss die vielfältigen und oft schwerwiegenden Folgen (er-)tragen. Da ist die quälende Sorge um den vorübergehenden oder langfristigen Verlust des Partners oder Elternteils, finanzielle Probleme, Stigmatisierung, Selbstzweifel und ein Gefühlschaos, unter dem ganz besonders Kinder leiden. Ihnen fehlt es an geeigneten Bewältigungs- und Erklärungsstrategien. Sie fühlen sich allein gelassen und verstehen oft nicht, was um sie herum und mit ihnen geschieht. An dieser Stelle setzt das Projekt „Papa und ich“ an. Es soll in zwei Richtungen wirken: Einerseits geht es um die Stärkung der Kinderrechte sowie deren psychisches, körperliches und soziales Wohlbefinden. Dies geschieht über zwanglosen und pädagogisch angeleiteten Kontakt mit den inhaftierten Vätern. Andererseits dient es der Rückfallprävention aufseiten der Väter, in dem es der Entfremdung von der Familie entgegen wirkt. Denn der Familie kommt eine bedeutende kriminalpräventive Funktion zu.
Begegnungsräume für Väter und Kinder schaffen
Das Alter der beteiligten Kinder in diesem Projekt ist sehr unterschiedlich. Je nach Altersstruktur oder individuellen Zielsetzungen werden Bastelnachmittage, Sportfeste, gemeinsames Backen, Vorlesestunden oder ähnliche Aktivitäten durchgeführt. Es geht in erster Linie darum Begegnungsräume für Väter und Kinder zu schaffen. „Wir fahren jeden Mittwochnachmittag in die JVA und treffen abwechselnd die Väter allein oder die Kinder und Väter gemeinsam. Bei den gemeinsamen Treffen basteln wir Collagen, machen Bewegungsspiele oder verbringen Grillnachmittage zusammen. Dann gibt es die Väterrunden, in denen die Treffen aus pädagogischer Sicht ausgewertet und individuelle Zielsetzungen erarbeitet werden. Hier geht es vor allem darum, den Vätern einen Werkzeugkoffer mitzugeben für die Zeit nach dem Gefängnis. Wie erziehe ich mein Kind, wie kommuniziere ich gewaltfrei, welche Wertschätzung bringe ich auch meiner Partnerin gegenüber, die die Hauptlast der Kindererziehung während meiner Abwesenheit trägt.“ so Hannes Masloboy, Leiter des SOS-Familienzentrums, über die Intension des Projektes.
Ganz alltägliche Dinge, wie das gemeinsame Waffeln backen, sind für einige Väter eine ganz neue Erfahrung. „Es ist rührend zu spüren, wie vertraut die Atmosphäre ist, wie sehr diese gemeinsame Zeit auf beiden Seiten genossen wird, und wie schwer der Abschied jedes Mal fällt. “ so Andrea Dömer, pädagogische Mitarbeiterin im SOS-Familienzentrum. „Wir haben so viel positives Feedback von den Vätern erhalten, viele meinten, so etwas Sinnvolles haben sie im Gefängnis noch nie erlebt. Sie vergessen in dieser Zeit für einen Moment wo sie sind und sind einfach fröhlich miteinander.“
Zeit für Nähe und Kuscheln
Im aktuellen 3. Projekt-Durchgang sind es vor allem sehr kleine Kinder zwischen 0 und 3 Jahren, die bei den Treffen mit dabei sind. Hier geht es vordergründig darum, den Vater überhaupt erst einmal kennen zu lernen. „Wir geben den Vätern während unserer Treffen im Sportraum auch die Möglichkeit, sich einfach mal in eine Ecke zurück zu ziehen und etwas Zeit allein mit den Kindern zu verbringen. Zeit für Nähe und Kuscheln. Denn das ist es, was beiden Seiten am allermeisten fehlt.“ so Andrea Dömer.
Die Mitarbeiter der JVA Stralsund und des SOS-Familienzentrums Grimmen planen bereits die nächsten Durchgänge für das kommende Jahr und hoffen darauf, dieses sinnvolle Projekt auch künftig weiterführen zu können.