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Wo Ankommen und Bleiben nicht schwer ist

26. Januar 2023

Das Mehrgenerationenhaus in Zwickau ist ein besonderer Ort. Hier findet alters- und kulturunabhängig Begegnung statt. Menschen erhalten Hilfe und das Gefühl, nicht allein oder nutzlos zu sein. Familien werden beraten und Frauen begleitet, die Gewalt erfahren mussten. Kinder bekommen Unterstützung, Betreuung und Raum zum Spielen. Die Vielfalt an den Fähigkeiten und den Erfahrungen des Einzelnen wird gemeinschaftlich genutzt, um Angebote für Mitmenschen und ein Miteinander zu schaffen. 
Diana geht seit 16 Jahren in der Kolpingstraße ein und aus. Für die zurückhaltende Frau mit den afghanischen Wurzeln ist das Haus mit dem offenen Café, dem großen Garten und den bunten Doppelfenstern wie ein zweites Zuhause. Lisa ist seit einem knappen halben Jahr im Team des Mehrgenerationenhauses. Trotz der erst kurzen Zeit schätzt auch sie die Umgebung inzwischen sehr. Wir stellten fünf Fragen an zwei Frauen, die im Abstand von 15 Jahren ein Teil des Mehrgenerationenhauses Zwickau sind.
Wie seid ihr ins Mehrgenerationenhaus gekommen?
Diana: Wir kamen 2001 nach Deutschland und lebten die ersten drei Jahre in einem Wohnheim. Dann durften wir endlich in eine eigene Wohnung ziehen. Irgendwann erzählte mir eine Nachbarin von einem Ort in der Nähe, wo man sich Hilfe holen und vielleicht auch arbeiten kann. Da bin ich eines Tages mit meinen Kindern einfach hingegangen. Und kam immer wieder (lacht).

Lisa: Nach meiner Elternzeit wollte ich mich beruflich umorientieren. Ich komme aus der Jugendhilfe, kann aber mit zwei kleinen Kindern keine Schichten arbeiten. Ein Kollege von SOS-Kinderdorf empfahl mir die Jobangebote. Irgendwann war eine Ausschreibung dabei, wo ich dachte ja, das könnte passen. Also habe ich mich beworben.
Was sind eure Aufgaben im MGH?
Diana: Seit 2011 arbeite ich im Mehrgenerationenhaus. Zunächst bekam ich einen Ein-Euro-Job, danach entschied ich mich für den Bundesfreiwilligendienst. Jetzt bin ich angestellt, arbeite zweimal die Woche im Café, helfe den KollegInnen in der Küche und begleite wöchentlich geflüchtete Familien bei Behördengängen und Arztbesuchen. Einmal im Monat koche ich ein afghanisch-arabisches Mittagsessen, das gut bei unseren Gästen ankommt. Meine Arbeit bedeutet mir viel und macht wirklich Spaß.
Lisa: Ich betreue und unterstütze Familien. Momentan begleite ich eine ukrainische Familie mit acht Kindern. Es geht vor allem darum, dass die Familie hier gut ankommt. Für sie stelle ich Anträge, helfe bei Briefen von Ämtern und habe für die Kinder Kita- und Schulplätze gesucht.
Was ist für euch das Besondere am Mehrgenerationenhaus?
Lisa: Das MGH ist ein warmer Ort mit einer sehr familiären Atmosphäre. Es gibt viele tolle Angebote für Menschen, die Gesellschaft, Gemeinschaft oder Hilfe suchen. Nach meiner Erfahrung kann man mit jedem offen sprechen und es gibt viel Verständnis, z. B. wenn meine Kinder krank werden. Außerdem spüre ich trotz der anspruchsvollen Arbeit wenig Leistungsdruck und das fühlt sich wirklich gut an.

Diana: Für mich ist dieses Haus an sich besonders und die Menschen, die tagtäglich hierher kommen. Ich arbeite sehr gern hier und das Team ist für mich zu einer zweiten Familie geworden, nachdem ich meine in Afghanistan zurücklassen musste. Das ist für mich das Besondere.
Welches Angebot gefällt euch denn persönlich am besten?
Diana und Lisa: Das „Brücke-Projekt“. Man kommt mit Menschen aus verschiedenen Ländern (Syrien, Afghanistan, Ukraine, Iran oder Libyen) zusammen und hilft ihnen, sich in Deutschland zurechtzufinden. Das Projekt gibt Familien Orientierung und unterstützt sie beim Ankommen.
Diana, heute verändern sich Dinge sehr schnell. Hat sich das Mehrgenerationenhaus deiner Meinung nach in den letzten 15 Jahren verändert?
Diana: Unsere Angebote orientieren sich immer am Bedarf der Menschen, die zu uns kommen. Damit unterliegen sie natürlich einer gewissen Flexibilität. Doch grundlegende Dinge, wie der offene Treff oder das gemeinsam Essen, zeichnen sich durch Beständigkeit aus und sind genauso vorhanden, wie vor 15 Jahren. Und genau das ist das Wunderbare für mich. Ich fühle mich hier immer gut aufgehoben. Darum ist diese Beständigkeit auch mein Wunsch für die Zukunft. Es darf ruhig alles bleiben, wie es ist. 
Und Lisa ergänzt: Genau, am besten auch die nächsten 10 Jahre.
 
v.r. Diana und Lisa sind gern ein Teil des Mehrgenerationenhauses in Zwickau und unterstützen Menschen aus der Region.