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Starke Frauen fürs Büromanagement

15. Juni 2021

Umschülerinnen wollen beruflich durchstarten

Zwei Jahre lang haben Anita Derksen, Jutta Marks-Weingarten, Viktoria Skorynin und Ilona Ulman täglich von 8 bis 15 Uhr, häufig auch am Abend oder an den Wochenenden gelernt und gebüffelt, um jetzt vor der Industrie- und Handelskammer die Prüfung zur Kauffrau für Büromanagement erfolgreich abzuschließen. 
In Kleve haben sie gemeinsam mit vier weiteren Teilnehmenden eine Umschulung des SOS-Kinderdorfs Niederrhein absolviert, deren Kosten von der Agentur für Arbeit Wesel, den Jobcentern Kleve, Kalkar, Goch und Kevelaer sowie von der Deutschen Rentenversicherung übernommen wurden. Die Abschlussnoten liegen bei allen vier Frauen im Einser- oder Zweier-Bereich. Und das ist keine Selbstverständlichkeit. Denn ihre Lebenssituation hält so manche Herausforderung bereit.

Vorbild für die Tochter

Anita Derksen kommt aus Kleve, hat Verkäuferin gelernt und als Reinigungskraft gearbeitet. Ihr Mann fährt LKW, ist oft unterwegs. Die 30-Jährige will ihrer dreijährigen Tochter ein Vorbild sein und ihr zeigen, dass es sich lohnt, sich beruflich weiterzuentwickeln und finanziell auf eigenen Füßen zu stehen. Ging die Tochter anfangs noch zur Tagesmutter, ist sie inzwischen ein gut eingewöhntes Kita-Kind, so dass Anita Derksen demnächst eine Teilzeitstelle in der Kreisverwaltung Kleve antreten kann. „Ich hatte während der Umschulung zwei Praktika beim Kreis absolviert. Meine Schwerpunkte liegen in der kaufmännischen Steuerung und Kontrolle sowie im Bereich Assistenz und Sekretariat“, erklärt Derksen. Gut gerüstet, startet sie bald als Bürokraft in der Abteilung Bauen und Umwelt. „Darauf freue ich mich schon sehr.“

Neuorientierung nach der Reha


Wegen einer neuen Liebe zog es sie von Köln nach Kleve. Die 48-Jährige ist Mutter zweier erwachsener Kinder und Oma eines Enkelkindes. Sie hat 25 Jahre als Erzieherin gearbeitet, doch irgendwann spielten ihre Knie nicht mehr mit. Nach erfolgreicher Operation riet man ihr in der anschließenden Reha, sich beruflich neu zu orientieren. „Erzieherin in der Kita – das war mein Traumberuf! Dass ich diesen nicht mehr ausüben können soll, das musste ich erst einmal verkraften.“ Doch bei einem mehrtägigen Berufsfindungsangebot in Oberhausen fasste sie neuen Mut. Denn neben ihren Kompetenzen als Erzieherin liegen ihre Stärken im Umgang mit Computern und Technik. Sie gestaltet gerne Präsentation, ist viel online unterwegs und hat in ihrer Freizeit schon ein Internet-Radio mit Musikstreaming aufgebaut. Schnell war klar, dass es künftig beruflich die Büromanagement sein soll. Zwei, drei Internet-Klicks weiter, war auch die Umschulung in ihrer neuen Heimatstadt Kleve gefunden. Dank der Unterstützung durch die Deutsche Rentenversicherung ging es vor zwei Jahren los: „Frau Horsch hat mich hier beim SOS-Kinderdorf vom ersten Tag an herzlich aufgenommen. Sie hat immer ein offenes Ohr, ist eine starke Stütze, man kann sie jederzeit ansprechen und sie kämpft für jeden“, so Marks-Weingarten.
Teamleiterin und Sozialpädagogin Michaele Horsch erklärt: „Wir verfolgen immer einen ganzheitlichen Ansatz. Denn jede Teilnehmerin, jeder Teilnehmer ist ja nicht nur Umschülerin oder Umschüler, sondern auch ein Mensch mit ganz persönlichen Erfahrungen, Lebenssituationen, Sorgen, Nöten und Wünschen.“

Alle Fäden in der Hand

Diese Voraussetzungen waren auch für den beruflichen Neuanfang von Viktoria Skorynin aus Kalkar entscheidend. Als alleinerziehende Mutter eines fünfjährigen Sohnes und einer siebenjährigen Tochter hält die gelernte Hotelfachfrau alle Fäden in der Hand – die ihrer Kinder mit Kita und Schule und ihre eigenen mit der Umschulung. Trotz Coronapandemie mit Homeschooling und eingeschränkten Betreuungsmöglichkeiten, hat sie die Umschulung durchgezogen. „Während meine Tochter mit dem Smartphone an den Video-Konferenzen der Grundschule teilgenommen hat, war ich tagsüber im Online-Unterricht, beschreibt die 32-Jährige den Spagat der letzten Monate. Dabei ist ihr zwischendurch noch der alte Laptop kaputt gegangen. Es war nicht leicht, die Mittel kurzfristig aufzutreiben, um ein neues Gerät anschaffen zu können. Aber es hat geklappt. Jetzt hofft Viktoria Skorynin bald einen Job zu finden, der vor allem viel Kundenkontakt beinhaltet. Denn neben administrativen Tätigkeiten sieht sie hier ganz klar ihre Stärken.

Großes Repertoire

Von der Bühne ins Büro wagt Ilona Ulman mit 56 Jahren den Schritt in ein neues Berufsleben. Als klassisch ausgebildete Sängerin hat sie gemeinsam mit ihrem Ehemann viele Feste, Feierlichkeiten und Veranstaltungen in ganz Deutschland und darüber hinaus bereichert. Doch beide haben sich Mitte 50 beruflich neu orientiert. Denn DJ’s verdrängen immer mehr die Live-Musik. „Ich hab neben den Auftritten all unsere Bürotätigkeiten gemanagt. Ob Abrechnungen, Website- und Flyer-Gestaltung oder die Terminplanung – ich bringe nicht nur musikalisch ein vielfältiges Repertoire mit, sondern auch kaufmännisch“, erläutert Ulman. Außerdem ist sie zweisprachig unterwegs, denn gebürtig kommt sie aus Polen. Jetzt hofft die vor Energie sprühende, charismatische Frau, dass sie mit ihrem sehr guten Abschluss eine Anstellung im Büro in Kleve und Umgebung finden wird.
So unterschiedlich die Lebenswege der starken Frauen bislang verlaufen sind, so eint sie der feste Wille, jetzt als Kauffrau für Büromanagement beruflich durchzustarten. Dass sie auch in schwierigen Zeiten mutig neue Wege gehen und dafür hart arbeiten, haben sie in den letzten zwei Jahren bei der Umschulung des SOS-Kinderdorfs Niederrhein unter Beweis gestellt.

Gut zu wissen

Wer sich für die Umschulung „Kaufmann/Kauffrau für Büromanagement“ interessiert, kann sich bei Michaele Horsch unter 02821/ 713 85 225 oder michaele.horsch@sos-kinderdorf.de melden. Die nächste Umschulung startet am 1. Juli 2021, ein Einstieg ist bis Ende August möglich. Die Kosten übernehmen nach Prüfung und Genehmigung die Agentur für Arbeit, die Jobcenter oder die Rentenversicherungen.

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