Julia Hartinger, koordinierende Fachkraft der Stabstelle Betreuten- und Kinderschutz im Interview
Warum gibt es eine Betreuten- und Kinderschutzfachkraft bei SOS-Kinderdorf Hamburg?
Die Schaffung der neuen Stellen im Bereich Betreuten- und Kinderschutz ist nur eine der vielen Maßnahmen, die im Aktionsplan „Kinderschutz“ vom SOS-Kinderdorf e.V. aufgestellt wurden. Beim Aktionsplan handelt es sich um einen vereinsweiten Prozess, welcher 2021 initiiert wurde und dazu dient, gemeinsam Kinder und Jugendliche zu schützen. Insgesamt wurden dabei, bzw. werden noch immer, verschiedene Maßnahmen ergriffen, um Defiziten, die in der Vergangenheit beim SOS Kinderdorf e.V. entstanden sind, umgehend zu begegnen und somit Verantwortung zu tragen.
So soll geschaut und überprüft werden: Wo stehen wir in der eigenen Praxis bundesweit im SOS-Kinderdorf e.V. im Kinderschutz? Hier gilt es auch aus Fehlern zu lernen, um für die Zukunft Dinge zu verändern und besser zu machen.
Ich selbst bin seit Juni 2022 für das SOS-Kinderdorf Hamburg als koordinierende Fachkraft der Stabstelle Betreuten- und Kinderschutz tätig und werde dabei von unserer ehrenamtlichen, sehr erfahrenen Fachkraft, Katrin Reuter, unterstützt.
Welche Ziele verfolgst du mit deiner Arbeit im SOS-Kinderdorf Hamburg?
Das übergeordnete Ziel meiner Arbeit ist die Sicherstellung, aber auch die Weiterentwicklung des Schutzes der uns anvertrauten Kinder und Jugendlichen. Sprich, dass die von uns Betreuten vor jeglicher Form der Gewalt aber auch vor Vernachlässigung geschützt werden. Damit sind besonders das Nachhalten und Weiterentwickeln, aber auch die Implementierung unseres Schutzkonzepts verbunden, um dieses dann gemeinsam umzusetzen und mit Leben zu füllen. Mir ist dabei besonders wichtig, dass der Schutzauftrag in den verschiedenen Bereichen, egal, ob pädagogisch oder nicht, individuell bedacht und umgesetzt wird und alle Kolleginnen und Kollegen in diesem Prozess aktiv mitgenommen und involviert werden. Nur so kann Betreuten- und Kinderschutz auf allen Ebenen gelebt und sichergestellt werden.
Neben dem Schutz ist uns im SOS-Kinderdorf Hamburg die Stärkung der uns anvertrauten Kinder und Betreuten besonders wichtig. Gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen lege ich großen Wert darauf, die Kinder und Betreuten aktiv einzubinden und ihnen ihrer Rechte bewusst zu machen.
Wie und warum muss das Thema Betreuten- und Kinderschutz im SOS-Kinderdorf Hamburg weiterentwickelt werden?
Das SOS-Kinderdorf Hamburg ist aus den ambulanten Angeboten entstanden, weswegen auch das Schutzkonzept über eine lange Zeit primär darauf ausgelegt war. Nun ist unsere Einrichtung in den letzten Jahren sowohl standortbezogen als auch in den Angeboten sehr stark gewachsen. Demnach gilt es unser Schutzkonzept auf die verschiedenen Bereiche auszuweiten und anzupassen, immer mit der Frage im Hinterkopf: Was haben wir schon an schützenden Prozessen und Maßnahmen und was brauchen wir noch? So befinden wir uns unter Anderem gerade im Prozess für das Familiencafé Krümel und auch für die Kinderdorffamilien, neue, schützende Strukturen aufzubauen, die gut im Alltag funktionieren. Aber auch bei den bereits vorhandenen Standards muss geschaut werden: Greifen die aktuellen Maßnahmen und Prozesse? Wo muss strukturell und prozessual nachjustiert werden? Dem gilt es gemeinsam nachzugehen.
Sind noch anderweitige Maßnahmen im Bereich Betreuten- und Kinderschutz geplant?
Aktuell ist sehr viel in Bewegung - Ein weiteres großes Thema ist beispielsweise der Weiterbildungsaspekt im Bereich Betreuten- und Kinderschutz.
Neben den neu eingesetzten Fachkräften wurde das Webinar „Basiswissen Kinderschutz“ für alle Hauptamtlichen im Aktionsplan des Vereins angesetzt. Wir in Hamburg haben uns dazu entschieden, diese Grundweiterbildung auch auf alle Ehrenamtliche, Praktikant-/innen, FSJler-/innen und BFD-Kräfte auszuweiten. Uns ist es ein großes Anliegen, alle, die bei uns tätig sind, zu sensibilisieren und ihnen Handlungskompetenz zu vermitteln, sodass sie in ihrer Arbeit mit Kindern und Jugendlichen an Sicherheit gewinnen und ein Basiswissen für den Betreuten- und Kinderschutz entwickeln. Auf der anderen Seite zeigen wir damit die klare Position und Haltung nach außen, dass Betreuten- und Kinderschutz bei uns elementar ist. So sollen unter anderem mögliche Täterinnen oder Täter abgeschreckt und der Raum für geplantes Fehlverhalten minimiert werden.