Seit fast 30 Jahren arbeitet Corinna Boller als Betreuerin beim SOS-Kinderdorf in Hamburg. Begonnen hat sie in der Wohngruppe in Eidelstedt als Vertretung für eine schwangere Kollegin und wechselte dann nach anderthalb Jahren in die Wohngruppe in Eimsbüttel. Dort betreut sie seit dieser Zeit Jugendliche und junge Erwachsene auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit.
Auch vor 20 Jahren arbeitete Corinna Boller bereits in der Wohngruppe Eimsbüttel.
© SOS-Kinderdorf e.V. / Foto: Privat
Corinna Boller ist Diplom-Sozialpädagogin und hat eine gestalttherapeutische Zusatzausbildung. Die Weiterbildung wurde von SOS-Kinderdorf unterstützt. „Die Weiterbildung befähigt mich, neben meiner langjährigen Erfahrung in der Begleitung von jungen Menschen Problemlagen fachlich einzuordnen und im Kontakt mit den Betreuten kreative Lösungen und Wege zu finden.“
Wohngruppe Eimsbüttel
Die Wohngruppe Eimsbüttel hat ihre Räumlichkeiten in einem Haus, welches aus einem Nachlass dem Verein vererbt wurde. Die gesamte Nachbarschaft ist historisch gewachsen und es besteht ein gutes und offenes Einvernehmen mit der übrigen Mieterschaft. „Das hat unter anderem den Vorteil, dass hier unsere Betreuten ein realistisches Lern- und Übungsfeld direkt im Haus haben.“ Das heißt: „Zum Beispiel bei lauter Musik, klingelt erstmal nicht die Betreuerin, sondern der Nachbar“.
Gleichzeitig versteht sich die Einrichtung als eine Art Schutzraum, in dem die Betreuten lernen können ihre Herausforderungen und Schwierigkeiten vor die sie gestellt sind mit fachlicher Begleitung zu bewältigen und so ihren Weg ins erwachsene Leben zu finden. „Es macht mir immer noch Freude zu erleben, wie sich diese Lebenskünstler und sogenannten Grenzgänger in einem wohlwollenden Umfeld entwickeln können und wie sich dann Neues und Sinnvolles im Alltag ganz einfach und selbstverständlich implementiert.“
„Von nix kommt nix“
Zu einigen Betreuten hat Corinna Boller auch nach Jahren noch Kontakt. „Es ist schön zu erleben, dass die eigene Arbeit etwas Sinnvolles in anderen bewirken kann. Ein Beispiel: Neulich kam ein ehemaliger Bewohner nach Jahren zu Besuch in die Wohngruppe. Er war auf dem Weg hier am Haus vorbei und wollte mal sehen, ob es uns noch gibt. Im Laufe des Gespräches bedankte er sich für meine Beharrlichkeit in der Auseinandersetzung mit ihm und einen Satz, den ich wohl öfter zu ihm gesagt habe: „Von nix kommt nix.“ Er meinte dieser eine kleine Satz hätte ihm geholfen, seinen beruflichen Weg zu festigen und am Ball zu bleiben. Er hatte damals keinen Schulabschluss und keine berufliche Perspektive. Jetzt ist er Küchenchef eines größeren Hotels. Corinna Boller: „Das hat mich natürlich gefreut.“
Mit der gesellschaftlichen Entwicklung und dem Wandel der Anforderungen an den einzelnen Menschen haben sich auch die Problemlagen der Betreuten verändert. Corinna Boller sagt: „Den gesellschaftlichen Stresspegel erlebe ich mittlerweile als extrem hoch und schnell und sehe bei den jungen Menschen, die zu uns kommen, einen Zuwachs an Ängsten und Befürchtungen diesen Anforderungen nicht mehr gerecht werden zu können, gleichzeitig sehe ich aber auch die tiefe Suche nach Orientierung und Unterstützung.“
Dem gerecht werden zu können, bedeutet für Corinna Boller und ihre Kolleginnen sich immer wieder neu auf den Einzelnen mit seinen Fragen und Nöten einzustellen und einzulassen und sich auch als Lernende in diesem Kontext zu verstehen. „Meine Arbeit hält mich jung und flexibel und wachsam. Ich bin dankbar dafür!“