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Wie Schulsozialarbeiterinnen und Therapiebegleithunde das Leben im Lockdown erleichtern können

28. April 2021

Manuela lacht. Die kleine Mischlingshündin Milka hüpft wie ein Gummiball neben ihr auf und ab. In ihrer Hand hält die Achtjährige ein Leckerli. „Hol es dir!“, ruft sie ausgelassen und rennt mit der Hündin über die Wiese. Sie ist feucht und der Boden rutschig. „Zack“, da ist es passiert. Manuela rutscht aus und schlittert über die matschige Wiese. Milka saust wie der Blitz hinter ihr her und stupst sie mit der Nase an die Hand. „Okay, okay, du hast gewonnen, hier hast du dein Leckerli.“. Mit leuchtenden Augen füttert sie die kleine Hündin.

Homeschooling- und Lockdown-Frust

So viel Spaß hatte das Mädchen schon lange nicht mehr. Gestern Mittag hatte sie sich fürchterlich mit ihren Eltern gestritten. „Homeschooling“ - wie sie dieses Wort nicht mehr hören konnte. Alles, aber auch alles, was ihr die letzten Jahre Spaß bereitet hatte, war seit Wochen nun nicht mehr möglich. Nicht mal mit ihrem besten Freund durfte sie sich treffen. „Nein Manuela, es ist Lockdown, du darfst nicht zu Jason!“. Wie oft hatte sie diesen Satz die letzten Wochen gehört? Manuela hatte nicht mitgezählt. Aber von Mal zu Mal wurde sie wütender, wenn ihre Eltern ihr den Kontakt zu ihrem besten Freund verwehrten.

Unterstützung für die Familie 

Gestern während der Schulaufgaben ist es eskaliert. „Wenn ich nicht zu Jason darf, dann mache ich auch keine Schulaufgaben mehr! Ist doch eh alles scheiße!“. Mit diesem Satz rannte sie aus dem Wohnzimmer in ihr Kinderzimmer. Wütend warf sie die Türe zu, extra laut, dass es so richtig knallte. Sollten ihre Eltern ruhig sehen, dass sie sauer war und es ernst meinte. Ihr Vater lief hinter ihr her, blieb an der geschlossenen Türe stehen und versuchte mit seiner Tochter zu sprechen. „Manuela, bitte, du musst die Aufgaben erledigen. Alle Kinder machen das gerade Zuhause.“ „Ich will aber nicht!“, schrie es durch die Türe, „und ich will nicht mit dir reden! Geh weg!“. Manuelas Vater sah seine Frau an und zuckte mit den Schultern. „Und jetzt?“, fragte er sie. Seine Frau hatte ebenfalls keine Ideen mehr. Es wurde von Woche zu Woche schwerer, ihre Tochter zu motivieren. „Was ist denn mit der Schulsozialarbeit der Schule? Wir hatten in jedem Lernpaket einen Zettel mit Kontaktdaten. Vielleicht sollten wir mit ihr sprechen“, schlug er vor.„ Manuela, deine Mutter ruft jetzt in der Schule an, dann kannst du ja mit eurer Schulsozialarbeiterin sprechen?“, versuchte ihr Vater Manuela erneut ins Gespräch einzubinden. „Ich rede mit keinem mehr – auch nicht mit der!“, kam es pampig aus dem Zimmer zurück. Manuelas Mutter wählte dennoch die Nummer der Schulsozialarbeiterin, Frau Scholz. Sie erklärte ihr den Grund ihres Anrufes. Kurzer Hand machten die beiden einen Termin für den nächsten Tag aus. „Kein Problem, Frau Karl, ihre Tochter muss nicht mit mir sprechen, ich werde meine beiden Therapiebegleithunde mitbringen und ihr anbieten, einfach eine Runde mit mir spazieren zu gehen.“

Therapiehunde helfen mehr als 1000 Worte

Jetzt liegt Manuela lachend in der Wiese, Milka schwanzwedelnd neben ihr. Sie ist froh, dass sie heute früh nicht mit Homeschooling beschäftigt ist. Die Zeit mit den Hunden ist viel besser. So oft hatte sie in der Schule beobachtet, wie andere Kinder ihrer Klasse von der Schulsozialarbeiterin für einen Termin abgeholt wurden. So oft hatte sie sich gewünscht auch einmal mit zu den Hunden zu dürfen. Bisher hatte sie sich aber nicht getraut zu fragen. Umso mehr genoss sie jetzt die Zeit. Frau Scholz war am Morgen um 9.00 Uhr gekommen. Sie war schon fast fertig angezogen, endlich war wieder schönes Wetter. Nur die Schuhe und die Jacke hatte sie noch nicht an als es klingelte. Während sie sich anzog, sprach Frau Scholz noch kurz mit ihrer Mutter. Worüber hatte sie nicht gehört, aber es war ihr auch egal gewesen. Viel zu sehr hatte sie sich auf die Vierbeiner gefreut. Zwei Hunde hatte Frau Scholz dabei, Milka, eine kleine quirlige Mischlingshündin und Five, ebenfalls eine Mischlingshündin, aber deutlich größer als Milka. Während Milka neugierig und aufgeschlossen war, war Five eher vorsichtig und zurückhaltend. „Five ist so wie ich“, platzte es aus ihr heraus, als sie noch keine 100 Meter mit Frau Scholz gegangen war. Sie durfte sich zu Beginn einen Hund aussuchen, den sie an der Leine führen wollte. Die Entscheidung fiel ihr leicht, hatte sich Milka direkt an der Haustüre an sie gedrückt und wollte gestreichelt werden. Manuela durfte den Weg, den sie laufen wollte, selbst bestimmen. Frau Scholz hatte ihr gesagt, dass sie sich hier nicht so gut auskennen würde. Das war ihr recht, so konnte sie bestimmen, wie lang dieser Spaziergang dauern würde. Ganz fest umschlossen hielt sie die Leine mit ihren Händen, sie wollte schließlich nicht, dass Milka ihnen davon laufen würde.
Während sie zusammen Richtung Wiese gegangen waren, hatten sie über vieles gesprochen. Frau Scholz fragte sie, was sie gerne spielte, wer ihre Freunde waren und wie ihr Zimmer aussah. Zu Manuelas Verwunderung hatte sie jedoch nichts zum Streit mit den Eltern gefragt. Das war ihr recht, sie wollte lieber die Zeit mit den Hunden genießen.
 

Gemeinsam Lösungen finden

„Manuela, schau mal, ich glaube, die Five möchte auch mit dir spielen“, Manuela blickt vom Boden auf und sieht Five neben Milka stehen. „Oh ja, jetzt traut sie sich auch.“ Manuela steht auf und greift in ihre Tasche. In diese hatte sie die Leckerlis gesteckt, die Frau Scholz ihr gegeben hatte. Langsam streckt sie Five das Leckerli entgegen. „Frau Scholz, darf ich auf dem Rückweg die Five an der Leine halten?“, will sie wissen. „Ja, natürlich. Wenn du das möchtest.“, antwortet Frau Scholz. Sie greift sich die Leine und leint Five an. Auf dem Rückweg spricht Frau Scholz wieder viel mit der Drittklässlerin. Sie darf die Themen jedoch selbst bestimmen. Das gibt ihr Sicherheit. Frau Scholz fragt sie irgendwann: „Wenn ich zaubern könnte, was würdest du dir wünschen?“. „Dass Corona vorbei ist und ich wieder in die Schule gehen darf. Dann würde ich mich nicht mehr so viel mit meinen Eltern streiten“, antwortet sie. Die beiden überlegen, was Manuela denn tun könnte, dass es zu Hause nicht mehr so viel Streit gibt, auch wenn die Schulen noch geschlossen bleiben würden. Eine Idee ist, dass Manuela schöne Momente außerhalb der Familie verbringen kann, dass sie und ihre Eltern ein bisschen Zeit haben, um durchzuatmen. Um dies zu unterstützen, bietet Frau Scholz Manuela an, nächste Woche noch einmal mit den Hunden zu kommen, um mit ihr spazieren zu gehen. Manuela freut sich sehr und erzählt das am Hauseingang direkt ihrer Mutter, die ihr mit einem Lächeln die Türe öffnet.