© SOS-Kinderdorf e.V. / Foto: Mika Volkmann
Das SOS-Kinderdorf in Brandenburg an der Havel wird umgebaut
Seit September des letzten Jahres ist es mit der beschaulichen Ruhe im SOS-Kinderdorf am Johannisburger Anger vorbei. Der Grund: Es wird gebaut. Die insgesamt acht Familienhäuser, in denen immer eine Kinderdorfmutter oder ein -vater mit maximal sechs Kindern wohnen und diese rund um die Uhr versorgen können, sind zu klein geworden und genügen nicht mehr den geänderten Ansprüchen der heutigen Zeit.
"Die Häuser haben jeweils vier Kinderzimmer. In normalen Familien ist es ja durchaus üblich, dass in einem Zimmer zwei Kinder untergebracht werden. Das haben wir in unseren "künstlichen" Familien bisher auch so gemacht. Doch das wird immer schwieriger, wenn die Kinder nicht verwandtschaftlich verbunden sind. Hinzu kommen die geänderten Bedarfe der Kinder, die bei uns ein Zuhause finden. Viele von ihnen haben heutzutage durch den Drogenmissbrauch der Eltern eine pränatale Schädigung mit speziellen Anforderungen, dem müssen wir gerecht werden", erklärt Einrichtungsleiter Matthias Fischer-Kallenberg als Hauptgrund für die Umbaumaßnahmen, die in zwei Bauabschnitten vollzogen werden.
Bessere Lebensbedingungen – und ein neues Spielplatz
Einrichtungsleiter Matthias Fischer-Kallenberg auf der Baustelle
© Foto: Anja Linckus / Redaktion BRAWO
Damit jedes Kind sein eigenes Zimmer bekommen kann und auch die Kinderdorfmütter und -väter bessere Lebensbedingungen erhalten, wird nun im ersten Bauabschnitt, der im Herbst dieses Jahres abgeschlossen werden soll, zunächst an vier Häusern ein Anbau errichtet. Der ursprüngliche Plan, die Häuser aufzustocken, scheiterte am Einspruch der Ursprungsarchitekten und an explodierenden Kosten. "Das wäre so teuer geworden wie ein Neubau", so Matthias Fischer-Kallenberg, dem mit dem Baustart ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung geht. Auch die leer gezogenen Bestandshäuser werden im Zuge des Ausbaus jeweils komplett saniert - Dächer, Fenster, Heizungen und Vollwärmeschutz stehen auf dem Programm. Die Dächer der Anbauten werden jeweils anschließend begrünt. Da für die Anbauten die Carports an den Häusern abgerissen werden mussten, pachtet das Kinderdorf vom städtischen GLM 3000 Quadratmeter Fläche in direkter Nachbarschaft zur BAS und zum IB. Hier entstehen 22 neue Parkplätze und Versickerungsflächen, die das neue Entwässerungskonzept vorsieht. Auch ein neuer Kinderspielplatz für die älteren Kinderdorfkinder ist hier geplant.
Im zweiten Bauabschnitt, der dann im Herbst starten und im Herbst 2021 abgeschlossen sein soll, bekommen zwei weitere Familienhäuser ihren Anbau. Die zwei Familienhäuser, die aus baurechtlichen Gründen nicht erweitert werden können, werden umgenutzt. So wird das Haus am Eingang des Dorfes eine heilpädagogische Wohngruppe beheimaten, die nach den Umbaumaßnahmen 2021 bezogen werden soll, das andere Haus an der Feuerwehrdurchfahrt wird ein so genanntes Entpflichtungshaus. Hier ziehen Kinder und Jugendliche mit Kinderdorfmüttern oder -vätern ein, die in sieben bis zehn Jahren in den Ruhestand gehen. Sie nehmen keine neuen Kinder mehr auf, mit dem Herauswachsen der Kinder werden die Familien automatisch kleiner. So gehen den Kindern und Jugendliche ihre Bezugspersonen nicht verloren. In der bisherigen Dorfmitte samt Festplatz soll ein neuer Kleinkindspielplatz entstehen.
Ein Blick in die Zukunft: ein Inklusionshaus
Insgesamt investiert der SOS-Kinderdorf e.V., der seinen Sitz in München, hat 2,5 Millionen Euro - finanziert aus Spendengeldern, Fördermitteln und den Invest-Anteilen aus den Tageskostensätzen - in den aktuellen Umbau des kleinsten seiner Kinderdörfer. In etwa fünf Jahren plant Matthias Fischer-Kallenberg das nächste Bauprojekt. Dann soll im hinteren Teil des Areal ein Inklusionshaus entstehen, damit auch Kinder mit körperlichen und/oder geistigen Handicaps im SOS-Kinderdorf aufgenommen werden können, was bisher weder baulich noch konzeptionell möglich ist.
Vielen Dank an Anja Linckus/BRAWO