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Ehrenamt im SOS-Kinderdorf
Fragen und Antworten zum Thema Ehrenamt

Im Interview: Ehrenamtskoordinatorin Beate Löwe

Neben Kinderdorffamilien gibt es auch Kita-Betreuung, Erziehungsberatung oder Bildungsangebote im Berliner SOS-Kinderdorf. Ehrenamtliche unterstützen unter anderem in der Lernbetreuung, bei Bastelangeboten oder helfen Jugendlichen mit Bewerbungstrainings. Im Interview: Koordinatorin Beate Löwe.

In welchen Bereichen kann man sich im SOS-Kinderdorf Berlin ehrenamtlich engagieren und wie sieht der Alltag aus?

SOS-Kinderdorf Berlin unterstützt die immer größer werdende Bereitschaft der Gesellschaft sich ehrenamtlich zu engagieren, indem wir eine bunte Palette unterschiedlichster Tätigkeitsfelder anbieten. Im offenen Nachmittagsangebot, in unserem Mehrgenerationenhaus in der Waldstraße in Moabit, organisieren und begleiten die Ehrenamtlichen Lernbetreuung, Spiel-, Bastel- und Mitmachangebote. 
Freiwillige unterstützen ebenso unsere Jugendarbeit, indem sie im Bereich Ausbildung und Qualifizierung, Sport- und Bewerbungstrainings anbieten. In den Kinder- und Jugendwohngruppen sowie in den Kinderdorffamilien helfen sie bei Übersetzungen, begleiten bei Behördengängen und lassen sich tolle Freizeitangebote einfallen. 
Auch die Senioren unterstützen auf ganz vielfältige Art und Weise. Sie bieten Gedächtnistraining, kulturelle Gesprächs- und Singnachmittage, Yoga sowie Kasperltheateraufführungen für die Familien an. Besonders gerne unterstützen Ehrenamtliche mit Migrationshintergrund unsere Senioren beim Einkaufen, Putzen und Spazierengehen. So können sie in netten ungezwungenen Gesprächen ihre Deutschkenntnisse verbessern. 
Ein beispielhafter Alltag wäre der von Andreas. Er organisiert bereits seit 5 Jahren das wöchentliche Gedächtnistraining von 18-99 Jahre. Die Vorbereitung beginnt bereits zu Hause. Er wälzt sich durchs Internet und etliche Bücher sowie Hefte helfen ihm dabei, die passenden Rätsel für „seine“ SeniorenInnen zu finden. Im Mehrgenerationenhaus angekommen, genießt er erst einmal ein leckeres Mittagessen in unserem Restaurant und ist bereits mit seinen RätselfreundInnen in Kontakt. Danach kopiert er alle benötigten Materialien für sein Angebot und es kann losgehen. 
Die TeilnehmerInnen sind zwischen 65 und 90 Jahren, ab und zu nehmen auch Kinder oder Jugendliche daran teil. Aufgaben werden erklärt und manche benötigen Hilfestellung, die Andreas gerne leistet, aber nicht zu schnell, da der Geist ja gefordert werden soll. Nach zwei Rätselstunden freut er sich bereits auf den nächsten Freitag und auf die vielen bereichernden Gespräche und das leckere Mittagessen. 

Welchen Mehrwert ziehen die Ehrenamtlichen aus Ihrer Tätigkeit?

Die Motivationen und die verschiedensten Lebenssituationen von freiwillig engagierten Menschen sind sehr vielfältig. Einige wollen ihre Kenntnisse und Erfahrungen für das Gemeinwohl einbringen und erweitern. Manche sehen das Ehrenamt auch als Sprungbrett in eine berufliche Tätigkeit und andere wiederum möchten sich selbst verwirklichen, neue soziale Kontakte finden und einen Teil der Freizeit mit sympathischen Menschen verbringen. Sie wollen Freude an der Tätigkeit haben und verantwortlich mitwirken. Bei uns engagieren sich auch viele Menschen mit Fluchthintergrund, die Verbesserung der Deutschkenntnisse gelingt da ganz nebenbei und sie können sich ein soziales Netzwerk schaffen. 

Können auch Menschen mit Beeinträchtigung ein Ehrenamt ausüben?

Ja, natürlich, wir sehen es als eine große Bereicherung, wenn sich alle Menschen angesprochen fühlen und sich im SOS-Kinderdorf Berlin ehrenamtlich engagieren möchten. Bei uns arbeiten auch festangestellte Mitarbeiter*innen mit Beeinträchtigung. Wir wollen unseren Betreuten und Gästen die große Vielfalt unserer Gesellschaft erlebbar machen und zeigen, dass auf allen Ebenen ein echtes Miteinander möglich ist. Das ist doch für alle viel freudvoller und schöner.

SOS-Kinderdorf ohne Ehrenamtliche – wäre das überhaupt möglich?

Ohne freiwilliges Engagement wäre unsere Einrichtung um viele schöne und bunte Angebote ärmer. Wenn ich mir das vorstelle, können wir die große Teilnehmerzahl an den Nachmittagen nicht abdecken. Gerade die Familien, die sich keinen Kinonachmittag oder einen Zoobesuch leisten können, werden sozial benachteiligt.
Die hauptamtlichen Mitarbeiter können die Vielfältigkeit der Angebote nicht annähernd abdecken und das freiwillige soziale Engagement hat eine eigene Qualität zur Ergänzung und Erweiterung des Angebotsspektrums. Auch heute ist freiwilliges soziales Engagement ein wichtiger Baustein unserer Gesellschaft. Solidarität und humanitäre Verantwortung war und wird immer von größter Wichtigkeit sein.
Aus meiner Erfahrung wollen immer mehr Menschen Verantwortung übernehmen, um ihr Lebensumfeld freundlich und friedlich mit- und umzugestalten. Die ehrenamtliche Arbeit macht das Zusammenleben der Generationen durch die vielfältigen Angebote in einer Großstadt möglich und gelingende Integration wird gelebt.