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Neu im November: Kinder- und Jugendsprechstunde

25. November 2021

„Wir brauchen jetzt einfach mal Hilfe“

Die SOS-Erziehungs- und Familienberatungsstelle und die Beratungsstelle für psychische Gesundheit bieten eine neue offene Kinder- und Jugendlichensprechstunde für Kinder mit psychisch erkrankten Eltern an.
Leni fühlt sich schlecht, weil sie sieht, dass es ihrer Mutter nicht gut geht. Vielleicht deshalb, weil sie ihr Zimmer nie aufräumt oder zu frech ist? Lenis Mutter ist in letzter Zeit oft traurig, weint viel und auch die gemeinsamen Spieleabende sind selten geworden. Leni fühlt sich schuldig, ist verunsichert und macht sich Sorgen um ihre Mutter. Auch Armin fühlt sich nicht gut und irgendwie alleine gelassen mit der Situation zu Hause. Sein Vater kommt häufig gereizt nach Hause und sagt, er braucht zum Entspannen etwas zu trinken. Danach wird es oft laut und Armin verkriecht sich dann in seinem Zimmer. Am liebsten würde Armin mit seinen Freunden darüber sprechen, aber er schämt sich für sein Zuhause. „Warum ist nur bei uns immer alles so schwierig?“, fragt er sich. Wenn Eltern psychisch erkrankt sind, dann sind die Kinder ebenfalls vielfältigen Belastungen ausgesetzt. Kinder wie Leni und Armin sind keine Einzelfälle: laut Mitgliederverbänden des Kontaktgesprächs Psychiatrie wachsen ca. 3,8 Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland, etwa jedes fünfte bis sechste Kind, mit mindestens einem psychisch- oder suchterkrankten Elternteil auf. Im Landkreis Landsberg erhalten diese Kinder, Jugendlichen und deren Familien nun Unterstützung. 
So bietet die SOS-Erziehungs- und Familienberatungsstelle gemeinsam mit der Beratungsstelle für psychische Gesundheit seit Anfang November offene Kinder- und Jugendlichen-Sprechstunden an. Diese finden jeden Montag von 16 bis 17 Uhr in den Räumen der Beratungsstelle für psychische Gesundheit der Caritas, Lechstraße 2, sowie jeden Mittwoch von 16 Uhr bis 17 Uhr in der SOS-Beratungsstelle in der Spöttinger Straße 4 in Landsberg statt. Weitere Beratungsstunden stehen nach Absprache zur Verfügung. Die Zielgruppe sind Kinder und Jugendliche psychisch erkrankter oder beispielsweise durch Burnout belasteter Mütter und Väter mit oder ohne Diagnose.

Einfach vorbeikommen und Sorgen mitteilen

Diplom-Sozialpädagoge Joachim Feistle, Diplom-Psychologin Claudia Reinhold und ihr Team laden das gesunde und/oder das erkrankte Elternteil, Jugendliche und Kinder ein, zur offenen Sprechstunde vorbeizukommen und Kontakt aufzunehmen. Ziel ist, die Kinder zu entlasten und ihre Lebenssituation zu verbessern. Ein wichtiger Schritt dazu ist, sie altersgerecht über die Erkrankung des Elternteils aufzuklären und zu informieren. Häufig wird in der Familie nämlich nicht über die Krankheit gesprochen, da die Eltern jegliche Belastung von den Kindern fernhalten möchten. Dabei spüren die Kinder, wenn es den Eltern nicht gut geht. Doch es fehlt ihnen dann meist an verständlichen Informationen über die psychische Erkrankung der Mutter oder des Vaters und sie sind oft stark verunsichert, haben Angst und entwickeln Schuld- und Schamgefühle, weil sie sich mitverantwortlich fühlen. „Viele Kinder glauben, sie seien die einzigen, bei denen es solche Probleme in ihrer Familie gibt“, so Joachim Feistle von der SOS-Familienberatungsstelle in Landsberg. Auch die Erfahrung, dass viele andere Familien ähnliche Probleme hätten, verschaffe den Kindern ganz oft eine große Erleichterung. 

Kooperationsprojekt gemeinsam mit der kbo-Lech-Mangfall-Klinik

Die Kinder- und Jugendlichensprechstunde ist Teil eines größeren Kooperationsprojektes, an dem auch die kbo-Lech-Mangfall-Klinik in Landsberg am Lech beteiligt ist. Bereits seit eineinhalb Jahren unterstützt die Diplom-Sozialpädagogin und Systemische Familientherapeutin Yvonne van Gemert in wöchentlichen Sprechstunden für Kinder und Jugendliche der Klinik Kinder von Patienten, die im Rahmen der ambulanten, teilstationären und stationären Versorgung behandelt werden. Die Idee, Kinder der psychisch kranken Familien mehr in den Blick zu nehmen und Kindersprechstunden zu implementieren, hatten Vertretende der Kinder- und Jugendhilfe und des Gesundheitsbereichs, wie die Landsberger Kliniken, das Gesundheitsamt, das Amt für Jugend und Familie, die Gesundheitsregion Plus und Beratungsstellen schon seit 2017. Sie erkannten gemeinsam die dringende Notwendigkeit und gründeten den Arbeitskreis psychisch belastete Familien. 
Mit dem neuen Angebot der SOS-Erziehungs- und Familienberatungsstelle und der Beratungsstelle für psychische Gesundheit schließt sich nun die Lücke für Kinder und Jugendliche, deren erkranktes Elternteil nicht an die Klinik angeschlossen ist. Die Kooperationspartner freuen sich auf eine enge Zusammenarbeit. „Wir können nun gut Hand-in-Hand arbeiten, so dass die Kinder und Jugendlichen je nach Bedarf rundum gut versorgt sind“, so van Gemert. Durch die Kooperation der Kinder- und Jugendhilfe ist es den Partnern zudem möglich, die Familien bei der Anbindung an weiterführende Hilfemaßnahmen zu unterstützen. 
Offene Sprechstunde (kostenfrei):
  • jeden Montag von 16 bis 17 Uhr bei der Beratungsstelle für psychische Gesundheit, Caritasverband Landsberg am Lech (SPDI), Lechstraße 2 in Landsberg 
  • jeden Mittwoch von 16 bis 17 Uhr in der SOS-Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern, Spöttinger Straße 4 in Landsberg 
  • zusätzliche Termine nach Vereinbarung 
Kontakt: Tel. 08191/911890